Pauschalreisende, deren Rückflug um mehrere Stunden vorverlegt wird, dürfen den Flug unter bestimmten Voraussetzungen auf Kosten des Veranstalters selber organisieren. Einen Anspruch auf Schadenersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit besteht jedoch nicht, so der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 17. April 2012 (Az.: X ZR 76/11).
Der Kläger hatte für sich und seine Lebensgefährtin eine einwöchige Pauschalreise in die Türkei gebucht, für welche das Paar knapp 740 Euro zahlen sollte.
Mehr als zehn Stunden früher
Nach den Angaben des Reiseveranstalters sollte der Rückflug um 16:40 Uhr stattfinden. Einen Tag vor Reiseende wurde dem Pärchen jedoch mitgeteilt, dass der Flug auf 5:15 Uhr vorverlegt wurde und man sie um 1:25 Uhr am Hotel abholen werde.
Doch das wollten die Reisenden nicht hinnehmen. Sie bemühten sich daher kurzerhand selber um einen Rückflug, den sie um 14 Uhr des geplanten Rückreisetages antraten. Die Kosten für diesen Flug bezahlten sie selbst. Diese forderten sie zusammen mit einer Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit von dem Reiseveranstalter erstattet.
Mit dem Argument, dass Reisende derartige Flugverlegungen gerade auch angesichts des äußerst günstigen Reisepreises hinzunehmen hätten, wies der Veranstalter die Forderungen als unbegründet zurück.
Recht zur Selbsthilfe
Der Fall landete schließlich vor Gericht. Dort erlitt das Pärchen zunächst eine Niederlage. Erst mit seiner beim Bundesgerichtshof eingereichten Revision hatte es mehr Erfolg.
Wird ein Rückflug entgegen eines anfangs zugesagten Termins um mehr als zehn Stunden vorverlegt, so liegt ein Reisemangel vor, der einen Reisenden nach Ansicht der Richter grundsätzlich zur Selbsthilfe berechtigt.
In solchen Fällen ist ein Reisveranstalter dazu verpflichtet, den Betroffenen die Kosten für den selbst organisierten Flug sowie die Kosten für den Transfer zum Flughafen zu erstatten. Das gilt auch dann, wenn es sich wie im Fall des Klägers um eine besonders günstige Reise gehandelt hat.
Zurück an die Vorinstanz
Ein Anspruch auf Erstattung besteht allerdings nur, wenn dem Veranstalter zuvor ein Termin zur Abhilfe gesetzt wurde oder wenn der Reiseveranstalter den Reisemangel bewusst verursacht oder ihn in Kauf genommen und den Mangel den Reisenden gegenüber als unvermeidlich dargestellt hat.
Ob diese Voraussetzungen in dem zu entscheidenden Fall vorgelegen haben, hat nun die Vorinstanz zu prüfen, an welche die Sache zurückverwiesen wurde.
Diese muss sich allerdings nicht mit der Forderung des Klägers auf Ersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit auseinandersetzen. Denn dadurch, dass sich der Kläger selbst geholfen hat, ist keine wesentliche Beeinträchtigung mehr zu erkennen, so der Bundesgerichtshof.
(Quelle VersicherungsJournal 20.06.2012)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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