28.04.2025
Gut zu wissen: Wer gilt eigentlich als Tierhüter?

Für den Rechtsstatus des Tierhüters genügt nicht die Übernahme der Obhut über das Tier, sondern es bedarf eines ausdrücklichen Auftrags des Halters. Zudem darf das Tier nicht gewerblich genutzt werden, damit die Halterhaftpflichtversicherung greift.
Der Hund soll während des Urlaubs von der Nachbarin in Obhut genommen werden, das Pferd vom Reitanlagenbesitzer, bei dem es untergestellt ist, gefüttert und auf die Weide geführt werden. Mitunter sind dies praktikable Lösungen.
Doch wer haftet, wenn die Vierbeiner dabei Schäden anrichten? Wenn beispielsweise der Hund beim Gassi gehen der Nachbarin ausbüxt und eine andere Fellnase beißt, das Pferd sich auf dem Weg zu Weide losreißt und vor ein Auto läuft?
In solchen Fällen springt die Tierhalterhaftpflichtversicherung ein. Denn sie sichert nicht nur Tierhalter, sondern auch Tierhüter ab, wenn Dritte geschädigt werden. Der Versicherungsschutz umfasst laut den Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV):
• „die Prüfung der Haftpflichtfrage,
• die Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche und
• die Freistellung des Versicherungsnehmers von berechtigten Schadensersatzverpflichtungen“.
Definition der Haftpflichtkasse zur Tierhütung
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass keine gewerbliche oder landwirtschaftliche Nutzung des Tieres vorliegt. Und zudem muss die Person, die zum Zeitpunkt des Schadenereignisses beim Tier war, Eigenschaften eines Tierhüters aufweisen. Wann aber gilt eine Person als Tierhüter?
„Tierhüter ist, wer für den Tierhalter die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernommen hat. Der Vertrag kann auch konkludent geschlossen werden (zum Beispiel durch Übergabe zur Verwahrung)“, schreibt dazu die Haftpflichtkasse VVaG in ihrem Versicherungslexikon.
„Die nur tatsächliche Übernahme der Beaufsichtigung eines Tieres begründet noch keine Tierhütereigenschaft. Unter Führung der Aufsicht über das Tier ist die Sorge zu verstehen, dass das Tier keinen Schaden anrichtet. Als Tierhüter sind regelmäßig anzusehen der Verwahrer, der Entleiher und der Mieter, soweit diese nicht unmittelbar Tierhalter geworden sind“, heißt es dort.
Rechtsfall klärt Verantwortung der Tierhalterhaftpflichtversicherung
Der Tierhüter muss also vom Tierhalter ausdrücklich mit der Betreuung des Tieres beauftragt worden sein, damit eine Halterhaftpflichtversicherung leistet. Darauf spielt im Wesentlichen auch ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (20 U 158/16) ab – wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen.
In dem Fall hatte ein Hundehalter seinen Vater mit der Aufsicht über seinen Vierbeiner befugt. Die Mutter schloss sich einem Spaziergang der beiden an. Plötzlich kreuzte der Hund, der vom Vater an der Leine geführt wurde, den Weg der Mutter. Sie stürzte und zog sich Knochenbrüche und Prellungen zu. Aufgrund dieser Verletzungen forderte sie von ihrem Sohn Schadenersatz.
Der Sohn nahm seine Versicherung auf Deckung in Anspruch, die jedoch ablehnte. Daraufhin beschritt er den Rechtsweg. Das Landgericht Bielefeld (18 O 85/15) wies seine Klage ab mit der Begründung, dass Ansprüche der Mutter als mitversicherte Tierhüterin nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien.
Haftpflichtversicherer leisten nicht, wenn der Tierhüter selbst der Geschädigte ist. Denn mit der Verantwortung für das Tier übernimmt der Hüter auch Risiken für mögliche Eigenschäden.
Auftrag des Tierhalters ist entscheidend
Erst das OLG Hamm gab ihm recht. In seiner Begründung führt das Gericht an, welche Bedingungen erfüllt werden müssen, um als Tierhüter zu gelten. Demnach ist maßgeblich, dass der Tierhüter vom Tierhalter beauftragt wird, über das Tier zu wachen. „Es genügt damit nicht die tatsächlich Übernahme der Obhut über das Tier, sondern es bedarf eines entsprechenden Auftrags des Halters“, heißt es.
Anwesenheit oder ein passives Begleiten ist nicht ausreichend. „Dass der Kläger den Hund am Schadentag in der Wohnung seiner Eltern abgegeben hatte, genügt selbst dann nicht für die Annahme eines Hüteauftrags an die Mutter, wenn er damit zu rechnen hatte, dass sie den Vater beim Spaziergang begleiten würde“, schreiben die Richter.
(Quelle VersicherungsJournal (24.02.2025)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler*in – Künstler*in
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