13.06.2012
Wer mit Fahne Auto fährt

EM-Schmuck an Fahrzeugen und Autokorsos bergen ein erhöhtes Schaden- und Unfallrisiko. Auch wenn im Ernstfall die Kfz-Haftpflicht- oder Kaskoversicherung einspringen, sollte man trotz aller Begeisterung gewisse Sicherheitsvorkehrungen beachten, damit es erst gar nicht zu einem Schaden kommt. Und EM-Touristen, die nach Polen oder in die Ukraine reisen, um live bei der Fußball-Europameisterschaft dabei zu sein, sollten landestypische Besonderheiten beim Versicherungsschutz beachten.
Ob Wimpel, Aufkleber oder Nationalfahnen – spätestens seit der Heim-WM 2006 in Deutschland zeigen die Bundesbürger auch an ihrem Auto gern Flagge. Bereits im Vorfeld der am Wochenende gestarteten Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine hat sich die Zahl der Fahrzeuge mit WM-Schmuck täglich erhöht.
Vorsicht bei hohen Geschwindigkeiten
Doch bei aller Begeisterung sollte nicht vergessen werden, dass Fahnen & Co. immer auch ein gewisses Sicherheitsrisiko bedeuten können. So ist doppelte Vorsicht etwa bei solchen Fähnchen geboten, die mit einem Plastik-Stecker im Fensterspalt befestigt werden. Denn diese Billigprodukte haben in der Regel lange nicht die Qualität wie beispielsweise die Flaggen an Diplomatenautos.
Bereits während den letzten Fußball-Europa- und -Weltmeisterschaften konnte man in zahlreichen deutschen (Autobahn-) Straßengräben beobachten, dass sich viele Fahnen vom Stiel verabschiedet haben. Besonders gefährlich wird es, wenn man eine Autobahnfahrt vor sich hat.
Denn diese Fahnen sind in der Regel nicht für hohe Geschwindigkeiten zugelassen und halten vom Material her solchen Belastungen nicht Stand. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte deshalb die Flaggen-Deko vor längeren (Autobahn-) Fahrten komplett entfernt werden. Am Fahrtziel können die Ansteckfahnen dann wieder angebracht werden.
Freie Sicht
Aufpassen muss man auch bei Flaggen, Wimpeln und sonstigen Dekorationen, wenn sie an der Front- oder Heckscheibe angebracht sind. Denn es gehört zu den Verkehrssicherheits-Pflichten eines Autofahrers, eine uneingeschränkte Sicht sicherzustellen. Deshalb sollte man auf solche Freudenbekundungen am besten komplett verzichten oder zumindest nach der Jubel-Arie im Autokorso solche Patriotismus-Bekundungen schnellstmöglich wieder abnehmen.
Die Zurich Gruppe Deutschland weist beispielsweise darauf hin, dass die mit dem Fahrzeug zur Schau getragene Freude über einen Fußballsieg keinesfalls die geltenden Verkehrsregeln und Haftungsgrundsätze außer Kraft setzt.
Auch wenn die Polizei bei den Siegesfeiern meist ein Auge zudrücke, seien Autokorsos gar nicht erlaubt, weil sie als „unnützes Auf- und Abfahren in einer geschlossenen Ortschaft“ und damit als Ordnungswidrigkeit gewertet werden könnten. Auch lasse die Straßenverkehrsordnung kein Hupen als Ausdruck der Freude zu.
Jedoch können solche Verhaltensweisen nicht nur teuer werden. „Wer während der Fahrt auf den Sitzen steht, im Cabrio auf dem Verdeckkasten sitzt oder sich mit dem Oberkörper aus dem Seitenfenster lehnt, riskiert nicht nur saftige Bußgelder und Punkte in Flensburg, sondern auch ernsthafte Verletzungen“, warnt die Zurich.
Und was ist im Schadenfall?
Macht sich die EM-Dekoration selbstständig und beschädigt zum Beispiel ein anderes Auto oder verletzt einen Fußgänger, so springt die Kfz-Haftpflichtversicherung ein. Kann der Verursacher nicht ermittelt werden, bleibt der Geschädigte auf dem Schaden sitzen.
Wird durch ein wegen angesteckter Fahne nicht ganz geschlossenes Fenster ein Einbruch verübt, ist das ein Fall für die Kaskoversicherung. Da jedoch schon ein kleiner Fensterspalt das Diebstahlrisiko erhöht, gilt der Schaden als grob fahrlässig verursacht.
Dann kann der Versicherer seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis kürzen. Viele Versicherer bieten jedoch Tarife mit Verzicht auf den Einwand grober Fahrlässigkeit an, je nach Anbieter bis zu bestimmten Höchstsummen oder bis zur Deckungssumme.
Deshalb ist es ratsam, im Fensterspalt befestigte Fahnen immer dann abzumontieren, wenn man das Fahrzeug unbeaufsichtigt abstellt. Das gilt auch für einen noch so kurzen Abstecher in den Supermarkt – denn professionelle Langfinger brauchen nur wenige Sekunden, um ein Auto leer zu räumen.
Besonderheiten beim Versicherungsschutz
Wenn sich Fußballfans mit dem Auto auf die Reise nach Polen oder in die Ukraine machen, sollten sie nach Ansicht des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. unbedingt die Besonderheiten beim Versicherungsschutz beachten.
So führt der GDV unter anderem an, dass man bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall in der Ukraine mit erheblich geringeren Entschädigungen bei Personen- und Sachschäden rechnen müsse, da das Land nicht zur EU gehört.
Der Versichererverband rät deshalb zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung. Dann bekomme der Halter Schadenersatz, wenn der eigene Wagen bei einem Verkehrsunfall oder durch Vandalismus beschädigt werde.
Nicht ohne Grüne Versicherungskarte
Der GDV empfiehlt, nicht ohne die Grüne Versicherungskarte in die Ukraine oder nach Polen zu reisen. „Kommt es zu einem Unfall, stehen auf der Grünen Karte alle wichtigen Informationen, die für die Unfallaufnahme erforderlich sind, zum Beispiel Versicherungsnummer, Versicherer und Name des Versicherten“, erklärt Bernhard Gause, Mitglied der GDV-Hauptgeschäftsführung.
Im Gegensatz zu Polen sei in der Ukraine die Mitnahme der Grünen Karte als Versicherungsnachweis sogar vorgeschrieben. Hilfreich zur Unfallaufnahme ist laut GDV auch der Europäische Unfallbericht, der kostenlos beim eigenen Versicherer erhältlich ist. „Das europaweit einheitliche Formular enthält Ausfüllhilfen in zehn Sprachen – darunter auch in Polnisch“, führt der Versichererverband aus.
Bei Unfällen in Polen kann der Zentralruf der Autoversicherer den Versicherer ermitteln (Telefon 01802 5026 oder 040 300330300), wenn man die gegnerische Versicherung nicht kennt.
Für alle im europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder der Schweiz versicherten Fahrzeuge könne der Zentralruf außerdem den zuständigen Schadenregulierer der ausländischen Versicherung in Deutschland feststellen, so der GDV weiter. Auf diese Weise sei es Geschädigten möglich, die eigenen Ansprüche sehr schnell bei der gegnerischen Versicherung geltend zu machen.
(Quelle VersicherungsJournal 11.06.2012)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de