11.06.2012
BGH entscheidet zu Haftungsstreit um Gartenarbeiten

Verursacht ein Versicherter beim Fällen dreier Bäume einen Schaden, so darf sich sein Privathaftpflicht-Versicherer nicht mit dem Argument aus der Verantwortung stehlen, dass es sich dabei um eine gefährliche Beschäftigung handelt, die vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2011 hervor (Az.: IV ZR 115/10).
Der Kläger hatte am 9. Februar 2009 drei auf dem von ihm bewohnten Grundstück seiner Eltern stehende circa 20 Meter hohe Pappeln gefällt.
Dumm gefallen
Während die ersten beiden Bäume wie geplant auf das Grundstück seiner Eltern fielen, stürzte die dritte Pappel auf ein Nachbargrundstück. Dabei wurden das Dach des nachbarlichen Gebäudes, ein Schornstein, eine Satellitenantenne sowie eine Wäschespinne beschädigt beziehungsweise zerstört.
Den Schaden in Höhe von rund 7.200 Euro wollte der Kläger durch seinen Privathaftpflicht-Versicherer ersetzen lassen.
Der fühlte sich jedoch nicht zuständig. Zur Begründung berief sich der Versicherer auf die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflicht-Versicherung (BBR). Denn danach sind Schäden, die ein Versicherter im Rahmen einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung verursacht, vom Deckungsschutz ausgeschlossen.
Sieg in letzter Instanz
Der Kläger war jedoch der Meinung, dass die Baumfällarbeiten den Tatbestand einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung im Sinne der Versicherungs-Bedingungen nicht erfüllt hatten. Er zog daher vor Gericht. Dort erlitt er sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht eine Niederlage. Beide Vorinstanzen bestätigten die Meinung des Versicherers, dass er für den Schaden nicht in Anspruch genommen werden könne.
Doch dem wollten die in Revision angerufenen Richter des Bundesgerichtshofs nicht folgen. Sie gaben der Deckungsklage statt.
Würden sämtliche ungewöhnlichen und gefährlichen Handlungen vom Versicherungsschutz einer Privathaftpflicht-Versicherung ausgeschlossen, so würde grundsätzlich auch für grob fahrlässig herbeigeführte Schäden kein Versicherungsschutz bestehen. Solche Schadenereignisse sind jedoch mitversichert.
Unter dem Begriff „Beschäftigung“ im Sinne der BBR ist daher nicht eine einzelne Handlung, sondern ein Gefahrenbereich zu verstehen, „also eine allgemeine, in gewissen Zeitabständen wiederholte oder wiederkehrende Betätigung“, erklärte das Gericht.
Eine Frage des Ausmaßes
Die Beschäftigung muss ein Ausmaß annehmen, die es rechtfertigt, den Versicherungsnehmer mit Blick auf dieses eigenständige Betätigungsfeld nicht mehr als von einer Privathaftpflicht-Versicherung geschützte Privatperson anzusehen.
Denn in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen ist nicht von einer ungewöhnlichen und gefährlichen Handlung, sondern ausdrücklich von einer Beschäftigung die Rede. Das aber heißt, dass ein Versicherter nicht nur punktuell, sondern wiederholt Arbeits- oder Freizeit aufwendet.
Gartenarbeiten, zu denen auch das Fällen von Bäumen zählt, gehören aber in der Regel zu den normalen Handlungen von Privatpersonen.
Die Tatsache, dass der Kläger am Tag des Schadenereignisses drei Bäume gefällt hat, reicht nicht für die Annahme einer auf Dauer angelegten Beschäftigung im Sinne der Versicherungs-Bedingungen aus. Denn der Versicherte war lediglich wenige Stunden mit den Arbeiten beschäftigt. Eine vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Beschäftigung setzt nach Meinung der Richter aber eine Tätigkeit von zumindest mehreren Wochen voraus.
(Quelle VersicheurngsJournal 06.03.2012)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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