23.04.2012
Rechtsstreit um Ersatz-Anwalt

Legt ein Anwalt, während er einen Mandanten vertritt, aus gesundheitlichen Gründen das Mandat nieder, so ist der Rechtsschutzversicherer des Mandanten in der Regel dazu verpflichtet, nicht nur die von dem ersten Anwalt berechneten Gebühren, sondern auch die des Ersatzanwalts zu übernehmen. Das geht aus einem jetzt bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts Köln vom 13. April 2011 hervor (Az.: 20 S 4/10).
Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Rechtsschutz-Versicherung abgeschlossen. Als es zu einem Rechtsschutzfall kam, ließ er sich durch einen Anwalt vertreten.
Verweis auf Bedingungswortlaut
Der Versicherer erklärte sich dazu bereit, die Kosten für diesen Anwalt zu übernehmen. Er verweigerte dem Kläger jedoch die Gefolgschaft, als der Advokat aus gesundheitlichen Gründen das Mandat niederlegte und der Kläger einen neuen Rechtsbeistand beauftragen musste.
Zur Begründung verwies der Versicherer auf § 5 Absatz 1a der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung, in dem es unter anderem heißt: „Der Versicherer trägt bei Eintritt des Rechtsschutzfalles im Inland die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung (…)“.
Er vertrat die Auffassung, dass mit dem Wort „eines“ tatsächlich auch nur ein Anwalt gemeint war. Die Kosten für einen weiteren Rechtsanwalt müsse er daher nicht übernehmen. Im Übrigen habe der neue Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kanzlei des vorherigen Anwalts übernommen. Eine Kostenübernahme komme daher auch aus diesem Grund nicht in Betracht.
Eine Frage des Grundes
Zu Unrecht, befand das Kölner Landgericht. Es gab der Klage auf Übernahme der von dem Ersatzadvokaten berechneten Anwaltsgebühren statt.
Ist ein Versicherter dazu gezwungen, sich einen anderen Anwalt zu suchen, weil sein bisheriger Prozessbevollmächtigter zum Beispiel wegen Krankheit oder Berufswechsel sein Mandat niederlegen musste, so ist sein Rechtsschutzversicherer nach Überzeugung des Gerichts dazu verpflichtet, auch die von dem Ersatzanwalt berechneten Gebühren zu übernehmen.
Voraussetzung ist jedoch, dass der Anwalt sein Mandat nicht aus Gründen niedergelegt hat, die durch den Versicherten zu vertreten sind. Eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für einen Ersatzanwalt besteht auch dann nicht, wenn ein Versicherter eine Sozietät beauftragt hat und das Mandat durch einen anderen Anwalt dieser Sozietät übernommen wird. Denn dann entsteht in der Regel kein neuer Gebührenanspruch.
Notwendiger Wechsel
In dem zu entscheidenden Fall hatte der vom Gericht als Zeuge vernommene erste Anwalt des Klägers überzeugend dargelegt, dass er wegen einer nachhaltigen Depression nicht mehr dazu in der Lage war, Schriftsätze zu diktieren und sich mit Rechtsfragen auseinanderzusetzen. Seine Ärzte hatten ihm dazu geraten, seine Tätigkeit als Anwalt nicht nur zeitweise, sondern auf Dauer ruhen zu lassen.
Unter den gegebenen Umständen ging das Gericht daher von einem notwendigen Anwaltswechsel aus, für dessen finanzielle Folgen der beklagte Rechtsschutzversicherer einzustehen hat.
Der Versicherer kann sich auch nicht darauf berufen, dass der neue Prozessbevollmächtige des Klägers die Kanzlei seines Kollegen übernommen und daher keinen Gebührenanspruch hat. Denn die Behauptung der Kanzleiübernahme stellte sich im Prozess als haltlos heraus.
(Quelle VersicheurngsJournal 25.01.2012)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de