05.03.2012
Rechtsstreit um Mehrwertsteuer-Erstattung

Entschließt sich ein Geschädigter nach einem Unfall dazu, ein Ersatzfahrzeug zu leasen anstatt zu kaufen, so muss ihm der Schädiger beziehungsweise dessen Versicherer die im Rahmen des Leasingvertrages anfallende Mehrwertsteuer ersetzen. Das hat das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 30. November 2011 entschieden (Az.: 14 U 92/11).
Der Kläger war mit seinem Pkw unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden. Sein Fahrzeug wurde dabei erheblich beschädigt.
Nach den Feststellungen eines Sachverständigen betrug der Brutto-Wiederbeschaffungswert 16.500 Euro, der Restwert 6.000 Euro. Doch weil sich der Kläger dazu entschloss, ein Ersatzfahrzeug zu leasen anstatt zu kaufen, wollte ihm der Versicherer des Unfallverursachers keine Mehrwertsteuer erstatten. Denn die sei schließlich nicht für eine Ersatzbeschaffung angefallen.
Dispositionsfreiheit
Das sah der Kläger anders. Denn sowohl die einmalige Leasingsonderzahlung als auch die laufenden Leasingraten waren mehrwertsteuerpflichtig. Der Versicherer habe ihm diese Mehrwertsteuer daher bis zum Ablauf der vereinbarten Laufzeit des Leasingvertrages von 48 Monaten zu erstatten.
Zu Recht, befanden die Richter des Celler Oberlandesgerichts. Sie gaben der Klage in vollem Umfang statt.
Nach Ansicht des Gerichts ist ein Geschädigter schadenrechtlich nicht dazu verpflichtet, eine Ersatzbeschaffung in derselben Rechtsform vorzunehmen, wie sie vor dem Schadenereignis bestand. Denn auch in dieser Hinsicht gilt die einem Geschädigten zustehende Dispositionsfreiheit.
Ein Schädiger beziehungsweise sein Versicherer hat einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschädigten folglich die Mehrwertsteuer zu erstatten, wenn sie bei der von ihm gewählten Form der Ersatzbeschaffung angefallen ist beziehungsweise anfällt. Denn er ist grundsätzlich so zu stellen, wie er vor dem Schadenereignis gestanden hat.
Höchstgrenze
Gemäß § 249 Absatz 2 Satz 2 BGB ist Mehrwertsteuer bei der Beschädigung einer Sache zwar nur dann zu erstatten, wenn sie tatsächlich anfällt. Davon ist nach Meinung der Richter im Fall des Klägers jedoch auszugehen. Denn er hat sich durch Abschluss des Leasingvertrages zur Zahlung von Mehrwertsteuer verpflichtet.
Er hätte nur dann keinen Erstattungsanspruch gehabt, wenn er beispielsweise bei einem privaten Anbieter ein Ersatzfahrzeug gekauft oder den bei dem Unfall beschädigten Pkw durch Schwarzarbeit hätte reparieren lassen, so das Gericht.
Als Höchstgrenze der erstattungsfähigen Mehrwertsteuer ist jener Betrag anzusehen, der sich aus dem Brutto-Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert, in dem zu entscheidenden Fall also 10.500 Euro, ergeben hätte.
Da die für den Leasingvertrag aufzuwendende Mehrwertsteuer diesen Betrag auch nicht annähernd übersteigt, wurde der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Gründe zur Zulassung einer Revision sah das Gericht nicht.
(Quelle VersicherungsJournal 14.12.2011)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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