Die Anbringung von Schneefanggittern zum Schutz vor Dachlawinen ist in schneearmen Gegenden nur dann geboten, wenn es sich um ein besonders steiles Dach handelt oder andere, besonders gefahrträchtige Umstände vorliegen, die von dem Gebäude ausgehen. Mit diesem Argument hat das Landgericht Wuppertal mit Urteil vom 3. August 2011 die Schadenersatz-Forderungen eines Klägers zurückgewiesen, dessen Pkw durch eine Dachlawine zerstört worden war (Az.: 3 O 79/11).
Der Kläger hatte sein Auto am 1. Januar dieses Jahres vor dem Haus des Beklagten geparkt. Nach starken Schneefällen war eine Eis- und Schneelawine vom Dach des Gebäudes direkt auf den Pkw gestürzt. Das Fahrzeug erlitt bei dem Zwischenfall einen Totalschaden.
Seinen Schaden in Höhe von mehr als 5.000 Euro machte der Kläger gegenüber dem Gebäudebesitzer geltend. Denn seines Erachtens hatte dieser gegen seine Verkehrssicherungs-Pflicht verstoßen, indem er das Dach des Hauses weder durch ein Schneefanggitter gesichert noch durch das Aufstellen eines Schildes vor den Gefahren durch Dachlawinen gewarnt hatte.
Dass entsprechende Maßnahmen zwingend erforderlich gewesen wären, schloss der Kläger unter anderem daraus, dass nur einen Tag später ein weiterer vor dem Haus geparkter Pkw durch eine Dachlawine beschädigt worden war.
Übliche Schneeverhältnisse
Dem wollten die Richter des Wuppertaler Landgerichts jedoch nicht folgen. Sie wiesen die Klage als unbegründet zurück. Nach Auffassung des Gerichts gilt die einem Gebäudebesitzer obliegende Verkehrssicherungs-Pflicht nicht uneingeschränkt. Er hat vielmehr nur solche Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, die von ihm nach dem Gebot von Treu und Glauben und „mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ erwartet werden dürfen.
Als Maßstab für den Schutz vor Dachlawinen gelten demnach die üblichen Schneeverhältnisse am Ort des Geschehens. Das Gebäude des Beklagten befindet sich jedoch in einem anerkannt schneearmen Gebiet. Die Anbringung von Schneefanggittern war daher weder behördlich vorgeschrieben noch schien sie geboten.
Der Beklagte wäre folglich nur dann zu besonderen Sicherungsmaßnahmen verpflichtet gewesen, wenn das Dach seines Gebäudes besonders steil gewesen wäre oder andere besonders gefahrträchtige Umstände vorgelegen hätten. Das war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht der Fall.
Pech gehabt
Es bestand für den Beklagten auch keine Verpflichtung, durch die Anbringung von Hinweisschildern auf die Gefahr herabstürzender Schnee- und Eislawinen hinweisen zu müssen. „Denn eine solche Warnpflicht besteht nur dort, wo eine Gefahrenquelle vorliegt, mit welcher Verkehrsteilnehmer nach den gegebenen Umständen nicht zu rechnen brauchen, also eine über das Maß des zu Erwartenden hinausgehende Gefahrenlage“, so das Gericht.
Dem Kläger war die besondere Wetterlage mit den für die Region atypisch starken Schneefällen jedoch bekannt. Um einer allgemeinen Gefahr durch Dachlawinen aus dem Wege zu gehen, hätte er sein Fahrzeug daher auf einem weniger gefährdeten Standplatz abstellen müssen. Sollte er keine Vollkaskoversicherung für sein Fahrzeug abgeschlossen haben, bleibt er auf seinem Schaden sitzen.
Nicht immer kommen Gebäudebesitzer im Fall durch Beschädigung von Dachlawinen so gut weg wie der Beklagte. So hat zum Beispiel das Landgericht Magdeburg im November 2010 den Besitzer eines Hauses, welches sich ebenfalls in einem bekannter Maßen schneearmen Gebiet befand, dazu verurteilt, sich an dem Schaden eines Fahrzeughalters zur Hälfte zu beteiligen (VersicherungsJournal 14.2.2011).
(Quelle VersicherungsJournal 28.09.2011)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de