05.12.2011
Gefährliche Turnübung

Kommt ein Kind zu Schaden, weil es einen Zaun zu Turnübungen missbraucht, so ist der Grundstückseigentümer in der Regel nicht zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz verpflichtet. Das hat das Landgericht Coburg mit einem am Freitag veröffentlichten Urteil vom 6. April 2011 entschieden (Az.: 21 O 609/10).
Der Entscheidung lag die Klage einer Sechsjährigen zugrunde, die zusammen mit ihrem Vater und ihrer jüngeren Schwester eine öffentliche Veranstaltung besuchen wollte.
Während der Vater der Schwester aus dem Auto half, machte das Mädchen Turnübungen an der Eisenstange eines in der Nähe befindlichen Zauns. Dabei löste sich die Stange und fiel zusammen mit dem Kind zu Boden. Bei dem Zwischenfall erlitt das Mädchen schwere innere Verletzungen.
Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht?
Mit dem Argument, dass der Besitzer des Zauns seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt hatte, weil er den Zaun nicht gegen Zwischenfälle der geschilderten Art gesichert hatte, verklagte ihn das Kind auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 7.500 Euro. Ihr Vater verlangte zusätzlich 6.000 Euro, die ihm während seiner ständigen Besuche im Krankenhaus an Arbeitseinkommen verloren gegangen waren.
Der Beklagte verteidigte sich damit, dass er den Zaun noch wenige Wochen vor dem tragischen Ereignis kontrolliert hatte ohne eine Beschädigung festgestellt zu haben. Er könne sich den Unfall nur so erklären, dass danach zum Beispiel Jugendliche die Stange so verbogen hatten, dass sie den Turnübungen des Mädchens nicht standhielt. Er beziehungsweise sein Grundstücks-Haftpflichtversicherer lehnten es daher ab, für den Schaden einzustehen.
Zu Recht, meinten die Richter des Coburger Landgerichts. Sie wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Eindeutige Zweckentfremdung
Nach Auffassung des Gerichts ist ein Grundstücksbesitzer im Rahmen des ihm Zumutbaren zwar grundsätzlich dazu verpflichtet dafür zu sorgen, dass Dritte nicht zu Schaden kommen. Diese Verpflichtung gilt jedoch nur gegenüber befugten Benutzern des Grundstücks und seiner Einrichtungen.
Es muss zwar immer damit gerechnet werden, dass Kinder aus Unerfahrenheit und Leichtsinn Gefahren nicht richtig einschätzen. Der Beklagte musste aber nicht davon ausgehen, dass sein Zaun derartig zweckentfremdet wird, wie durch das Kind geschehen. Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 06.09.2011)


Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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