Wird eine Kapitalabfindung aus einer privaten Renten- oder Lebensversicherung nicht fristgerecht zum Fälligkeitstermin überwiesen, so sollte man sich zunächst telefonisch mit dem Versicherer in Verbindung setzen, ehe man einen Anwalt beauftragt. Denn andernfalls bleibt man auf den Anwaltskosten sitzen. Das geht aus einem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts München vom 15.7.2011 hervor (Az.: 133 C 7736/11).
Die Klägerin hatte bei dem beklagten Versicherer einen Vertrag über eine private Rentenversicherung abgeschlossen. Der Vertrag wurde zum 1.3.2011 in Form der Zahlung einer Kapitalabfindung fällig.
Anruf statt Anwalt
Als das Geld nicht fristgerecht ihrem Bankkonto gutgeschrieben wurde, beauftragte die Klägerin einen Anwalt. Dieser mahnte den Versicherer ab mit dem Ergebnis, dass sie die vereinbarte Summe in Höhe von 23.815 Euro am 6.3.2011 erhielt.
Doch das reichte der Frau nicht aus. Sie verlangte von dem Versicherer zusätzlich die Zahlung der Anwaltsgebühren, die mit rund 300 Euro zu Buche schlugen. Die wollte der Versicherer jedoch nicht zahlen. Denn schließlich hätte ein einfacher Anruf der Versicherten genügt, um die Sache zu klären.
Dem schloss sich das Münchener Amtsgericht an. Es wies die Klage als unbegründet zurück.
Eine Frage des Erfordernisses
Nach Ansicht des Gerichts muss ein Schuldner Anwaltskosten grundsätzlich nur dann übernehmen, wenn die Einschaltung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich ist. Das trifft in einfach gelagerten Fällen nur dann zu, wenn ein Gläubiger geschäftlich völlig ungewandt ist und wenn sich die Zahlung eines ihm zustehenden Betrages unangemessen verzögert.
In dem entschiedenen Fall durfte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass sich der Versicherer seiner Zahlungsverpflichtung bewusst entziehen wollte, nur weil er die fällig werdende Kapitalabfindung nicht fristgerecht überwiesen hatte.
Es hätte daher ein einfacher Anruf genügt, um Klarheit darüber zu erlangen, warum sich die Auszahlung verzögerte. Im Rahmen eines solchen Anrufs hätte die Klägerin gegebenenfalls darauf hinweisen können, dass sie bei einer weiteren Verzögerung einen Anwalt einschalten werde.
Teures Vergnügen
Angesichts des einfachen Sachverhaltes war wenigstens keine sofortige Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich. Denn für einen einfachen Erinnerungsanruf bedarf es keiner besonderen Rechtskenntnisse, so das Gericht.
Nach all dem bleibt die Klägerin nicht nur auf den Anwalts-, sondern auch auf den Gerichtskosten hängen.
(Quelle VersicherungsJournal 31.08.2011)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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