06.10.2011
Flucht vom Tatort oder unerlaubtes Entfernen vom Unfallort?

Ein Autofahrer, der sich vom Ort des Geschehens entfernt, nachdem beim Beladen seines Fahrzeugs durch sein Verschulden ein anderes Auto durch einen Einkaufswagen beschädigt wurde, kann nicht wegen Verkehrsunfallflucht zur Verantwortung gezogen werden. Das hat das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 6. Mai 2011 entschieden (Az.: 29 Ns 3/11).
Der Entscheidung lag der Fall eines Mannes zugrunde, der im Auftrag seines Arbeitgebers in einem Einkaufszentrum einkaufen sollte.
Wegen des Umfangs des Einkaufs benötigte er zwei Einkaufswagen. Als er dabei war, einen der Wagen auszuladen und die Waren in das Fahrzeug seines Arbeitgebers zu verstauen, rollte der zweite Wagen gegen einen in der gegenüberliegenden Parklücke abgestellten Pkw. Dieser wurde bei dem Zwischenfall erheblich beschädigt.
Nichts wie weg
Doch anstatt sich darum zu bemühen, dessen Halter ausfindig zu machen oder zumindest eine Nachricht mit seinen Personalien an dem Fahrzeug zu hinterlassen, entfernte sich der Beschuldigte vom Ort des Geschehens. Er konnte allerdings dank eines Zeugen ermittelt werden.
In dem sich anschließenden Strafverfahren wurde der Schadenverursacher wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt. Gleichzeitig wurde gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten verhängt.
Doch damit war der Mann nicht einverstanden. Er legte daher Berufung beim Landgericht Düsseldorf ein und wurde freigesprochen.
Keine Verkehrsunfallflucht
Der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort setzt nach Meinung der Richter einen Unfall im Straßenverkehr voraus. Darunter ist jedoch ein plötzliches Ereignis zu verstehen, welches mit dem Straßenverkehr und seinen Gefahren ursächlich zusammenhängt und dass zu einem nicht völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden führt.
Von einem derartigen Unfall wollte das Gericht jedoch trotz des erheblichen, durch den Beschuldigten unstreitig verursachten Sachschaden nicht ausgehen.
Das Gericht bestritt zwar nicht, dass Schäden, die ein Autofahrer im Zusammenhang mit dem Be- und Entladen eines Fahrzeugs verursacht, zivilrechtlich in der Regel in den Bereich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung fallen.
Die Gefahr einer Sachbeschädigung durch einen infolge Unachtsamkeit beim Be- und Entladen eines stehenden Fahrzeugs wegrollenden Einkaufswagens stellt jedoch keine Realisierung der spezifischen Gefahren der Fortbewegung mittels des Fahrzeugs dar. Der Beschuldigte hat daher keine Verkehrsunfallflucht im Sinne von § 142 StGB begangen, als er sich ohne seine Personalien zu hinterlassen vom Ort des Geschehens entfernte – so das Gericht.
Keine strafrechtliche Verantwortung
„Denn außerhalb des Straßenverkehrs besteht grundsätzlich weder bei vorsätzlichem noch bei fahrlässigem Verhalten eine strafrechtlich bewehrte Verpflichtung, am Ort des Geschehens zu verbleiben, um die Feststellung seiner Personalien zu ermöglichen“ – heißt es in der Urteilsbegründung.
Nach all dem ist der Beschuldigte zwar zivilrechtlich für den von ihm verursachten Schaden verantwortlich. Er kann jedoch strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden.
(Quelle VersicherungsJournal 06.10.211)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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