19.09.2011
Wenn der Krankenversicherer vom Vertrag zurücktritt

Wer es versäumt, bei Beantragung einer privaten Krankenversicherung eine vorausgegangene Drogentherapie anzugeben, muss damit rechnen, dass der Versicherer den Vertrag erfolgreich wegen arglistiger Täuschung anfechten kann. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 9. Juni 2011 hervor (Az.: 2 O 15/11), das nach altem Recht getroffen wurde.
Der Kläger hatte im Oktober des Jahres 2005 den Abschluss einer privaten Krankenvollversicherung beantragt.
Ehemalige Kokainabhängigkeit
Bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen hatte er einen Unfall sowie einen folgenlos ausgeheilten grippalen Infekt angegeben. Der Vertrag kam daher wie beantragt zustande.
Im Rahmen der Kostenerstattung einer stationären Behandlung im Jahr 2010 erfuhr der Versicherer, dass der Kläger seit 1999 kokainabhängig war und deswegen in den Jahren 2004 und 2005 eine ambulante Entwöhnungskur mitgemacht hatte.
Das nahm der Versicherer zum Anlass, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Er erklärte hilfsweise den Rücktritt vom Vertrag.
Keine arglistige Täuschung?
In seiner gegen seinen Krankenversicherer eingereichten Klage auf Fortführung des Vertrages räumte der Versicherte zwar ein, bei der Beantragung der Versicherung keine Angaben zu seiner ehemaligen Drogenabhängigkeit gemacht zu haben.
Angesichts der Tatsache, dass er seine Abhängigkeit überwunden hatte, hielt er es jedoch für nicht erforderlich, die Drogentherapie zu offenbaren. Es habe ihm ferngelegen, den Versicherer täuschen zu wollen.
Doch das konnte die Richter der zweiten Zivilkammer des Dortmunder Landgerichts nicht überzeugen. Sie wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Bewusste Einwirkung
Nach Ansicht des Gerichts setzt eine arglistige Täuschung im Sinne von § 123 BGB nach allgemeiner Rechtsanschauung eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen unwahrer Tatsachen gegenüber einem Vertragspartner voraus.
Im Fall der Beantragung einer Versicherung muss der Antragsteller vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich versucht, auf die Entscheidung des Versicherers einzuwirken. Falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein rechtfertigen keinen Schluss auf eine arglistige Täuschung.
„Denn einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer Antragsfrage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf dem Willen des Versicherers einzuwirken, gibt es nicht“, so das Gericht.
Gemessen an diesen Grundsätzen zeigte sich das Gericht überzeugt davon, dass der Kläger durch das Verschweigen seiner Entwöhnungskur bewusst auf die Entscheidung seines Versicherers einwirken wollte, den Antrag anzunehmen.
Arglistig verschwiegen
Die Richter glaubten dem Kläger nicht, dass er die Angaben für überflüssig hielt oder dass er die Therapie vergessen hatte. Denn diese hatte sich knapp ein Jahr hingezogen und war erst ein halbes Jahr vor Antragstellung beendet worden.
Da er im Antrag selbst eine Lappalie wie den grippalen Infekt angegeben hat, spricht aus Sicht des Gerichts alles dafür, dass er die lang anhaltende Drogentherapie arglistig verschwiegen hat. Der Versicherer durfte den Vertrag daher zu Recht wegen arglistiger Täuschung anfechten.
Das Urteil kann als Volltext auf den Internetseiten des Gerichts nachgelesen werden.
(Quelle VersicherungsJournal 04.07.2011)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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