25.07.2011
Wenn ein Versicherer keine Anwaltskosten zahlen will

Auch bei einem dem Grunde nach unstreitigen Haftpflichtschaden ist ein Leasingunternehmen dazu berechtigt, auf Kosten des Unfallverursachers einen Anwalt zu beauftragen. Das geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 2011 hervor (Az.: 29 C 74/11 – 46).
In dem Rechtsstreit ging es um das Fahrzeug eines Leasingunternehmens, das bei einem Verkehrsunfall durch einen Versicherungsnehmer des Beklagten Versicherers beschädigt worden war.
Verstoß gegen Schadenminderungs-Pflicht?
Obwohl Einigkeit darüber bestand, dass der Schadenverursacher dem Grunde nach in vollem Umfang für den Unfall verantwortlich war, beauftragte das Leasingunternehmen einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung seiner Schadenersatzansprüche.
Der Versicherer des Schädigers sah darin einen Verstoß gegen die Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB. Er lehnte es daher ab, die Anwaltskosten zu übernehmen.
Zu Unrecht, wie das Frankfurter Amtsgericht meinte. Es verurteilte den Versicherer dazu, der Leasingfirma die Rechtsanwaltskosten in Höhe von rund 230 Euro zu erstatten.
Einfach gelagerter Fall?
Nach Ansicht des Gerichts gehören zu den Schadenpositionen, die ein Schädiger einem Geschädigten gemäß § 249 BGB zu erstatten hat, grundsätzlich auch Kosten der Rechtsverfolgung und somit auch vorgerichtliche Anwaltskosten. Voraussetzung ist lediglich, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich war.
An einem derartigen Erfordernis fehlt es, wenn es sich um einen einfach gelagerten Fall handelt, der Geschädigte geschäftlich erfahren ist und die Schadenregulierung nicht verzögert wird. Voraussetzung ist außerdem, dass aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger beziehungsweise sein Versicherer ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen wird – und zwar sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.
„Davon ist im Rahmen der Beschädigung eines Fahrzeugs jedoch dann nicht auszugehen, wenn es um Schadenpositionen wie etwa Mietwagenkosten oder einen merkantilen Minderwert geht, welche die Gerichte seit Jahren intensiv beschäftigen“, so das Gericht.
Sache von Juristen
Das klagende Leasingunternehmen musste folglich trotz eindeutiger Haftungsfrage nicht zwingend damit rechnen, dass der Versicherer des Unfallverursachers seine Schadenersatz-Forderungen uneingeschränkt und unverzüglich erfüllen wird. Mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts hat das Unternehmen somit nicht gegen seine Schadenminderungs-Pflicht verstoßen.
Der Versicherer des Unfallverursachers kann die Erstattung der Anwaltskosten auch nicht mit dem Argument verweigern, dass die Klägerin geschäftlich erfahren ist. Denn die rechtliche Beurteilung von Schadenfällen gehört nicht zum Berufsbild eines Leasingunternehmens. Sie obliegt vielmehr Juristen.
Weil der Rechtsstreit nach Ansicht des Gerichts keine grundsätzliche Bedeutung hat, wurde keine Berufung zugelassen.
Vergleichbare Entscheidung
In einem vergleichbaren Fall kam das Landgericht Mannheim im Jahr 2007 zu einer gleichen Einschätzung. Die Mannheimer Richter gingen sogar noch einen Schritt weiter.
Das Gericht ging nämlich davon aus, dass bei einem Unfall zwischen zwei Fahrzeugen immer auch die Frage der Betriebsgefahr eine Rolle spielt – und es sich folglich niemals um einen einfach gelagerten Fall handeln kann (VersicherungsJournal 13.8.2007).
(Quelle VersicherungsJournal 30.05.2011)


Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de