18.07.2011
Kaputter Finger statt alle Neune

Wer sich auf einer Kegelbahn verletzt, weil er eine wegen eines technischen Defekts zurücklaufende Kugel aufhalten will, kann für die Folgen einer dabei erlittenen Verletzung in der Regel nicht den Betreiber der Bahn zur Verantwortung ziehen. Das geht aus einer kürzlich rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Amtsgerichts Lemgo vom 23. Februar 2011 hervor (Az.: 20 C 403/10).
Geklagt hatte ein selbstständiger Dachdeckermeister, der sich zu einer Tagung in einem ostwestfälischen Hotel aufhielt.
Falsche Richtung
Am Abend besuchte der Kläger zusammen mit anderen Tagungsteilnehmern die Kegelbahn des Hotels. Dort erlitt er einen Unfall. Denn wegen eines vermuteten technischen Defekts war eine der Kugeln aus dem Sammelkasten zurück in Richtung der Kegel gelaufen.
Der Kläger stoppte die Kugel geistesgegenwärtig mit dem Fuß. Doch als er sie aufnehmen wollte, geriet sein Mittelfinger zwischen diese und eine weitere Kugel, die wegen des Defekts ebenfalls im Begriff war, zurück in die falsche Richtung zu laufen.
Bei dem Zwischenfall wurde der Finger des Klägers nicht nur gequetscht. Er erlitt auch mehrere Brüche. Wegen der Verletzung war der Dachdeckermeister sechs Wochen arbeitsunfähig.
Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht?
Er machte gegenüber dem Betreiber der Kegelbahn daher Verdienstausfall- sowie Schmerzensgeld-Ansprüche geltend. Denn schließlich habe dieser seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt, indem er die Kegelbahn in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand gehalten habe.
Der Hotelier war sich keiner Schuld bewusst. Anders als der Kläger behauptete er, dass der Sammelkasten der Kegelbahn in Ordnung gewesen war. Es sei daher nicht zu klären, wieso es zu den ungewollten Rückläufen von Kugeln gekommen sei. Seine Verkehrssicherungs-Pflicht habe er zumindest nicht verletzt.
Diese Frage ist nach Ansicht des Lemgoer Amtsgerichts für die Beurteilung des Falls auch irrelevant. Das Gericht warf dem Kläger nämlich vor, sich völlig unnötig in Gefahr begeben zu haben, als er versuchte, die zurücklaufende Kugel aufzuhalten.
Besonderer Gefahrenbereich
Denn der Bereich des Kugelrücklaufs einer Kegelbahn stellt unter Berücksichtigung des Gewichts der Kugeln sowie ihrer Laufgeschwindigkeit einen besonderen Gefahrenbereich dar. Bei Aufnahme der ersten Kugel hätte sich der Kläger daher trotz seines möglichen Spieleifers vergewissern müssen, dass nicht eine weitere Kugel ungewollt zurückläuft.
Da er das unterlassen und somit leichtfertig gehandelt hat, ist er in so großem Maße selber für seine Verletzung verantwortlich, dass dahinter ein eventuelles Mitverschulden des Kegelbahnbetreibers völlig zurücktritt.
Nachdem das von dem Kläger in Berufung angerufene Landgericht Detmold darauf hingewiesen hat, dass das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg haben wird (Az.: 10 S 47/11), hat der Dachdeckermeister die Berufung zurückgenommen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Ein schönes Beispiel dafür, was einem auf einer Kegel- beziehungsweise Bowling-Bahn noch alles passieren kann, bietet dieses YouTube-Video.
(Quelle: VersicherungsJournal 01.06.2011)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de