Die Veranstalter öffentlichen Fußballguckens (neudeutsch: Public Viewing) sind für die Sicherheit von Zuschauern verantwortlich, die sich auf einer Sitzplatztribüne befinden. Das gilt auch dann, wenn für die Veranstaltung eine Genehmigung durch die zuständige Behörde vorliegt, so das Oberlandesgericht Hamm in einem gestern veröffentlichten Urteil vom 5. November 2010 (I-9 U 44/10).
Der Kläger wollte sich im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2006 eines der Länderspiele auf einer Großbildleinwand anschauen.
Sturz von der Tribüne
Dazu begab er sich auf eine dreistöckige Tribüne, welche der Veranstalter, eine Event GmbH, zur Verfügung gestellt hatte. Weil auf der Tribüne nicht genügend Sitzplätze zur Verfügung standen, stellte sich der Kläger zusammen mit anderen Zuschauern an deren Rand.
Im Laufe des Fußballspiels entstand auf der Tribüne die übliche Unruhe, die zu tumultartigen Bewegungen der Zuschauer führte. Dadurch kam der Kläger ins Straucheln mit dem Ergebnis, dass er aus einer Höhe von 80 Zentimetern zu Boden stürzte.
Bei dem Sturz erlitt er so erhebliche Verletzungen, dass er für mehrere Monate arbeitsunfähig war. Der Kläger warf dem Veranstalter vor dass es zu dem Unfall nur deswegen gekommen sei, weil die Tribüne nicht mit einem Geländer gesichert war. Er forderte ihn daher wegen Verletzung seiner Verkehrssicherungs-Pflicht zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld auf.
Nicht verantwortlich?
In dem anschließenden Rechtsstreit verteidigte sich die Event GmbH damit, dass die Veranstaltung von der dafür zuständigen Behörde genehmigt worden war. Sie fühlte sich daher nicht für den Vorfall verantwortlich.
Doch dem wollten sowohl die Richter des Landgerichts Essen als auch ihre in Berufung angerufenen Kollegen vom Hammer Oberlandesgericht nicht folgen. Sie gaben der Klage dem Grunde nach statt, gelangten bei der Frage des Verschuldens der Beklagten jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Nach Auffassung der Richter ist ein Ausrichter einer öffentlichen Veranstaltung grundsätzlich für die Sicherheit von Besuchern verantwortlich, die eine von ihm zur Verfügung gestellten Tribüne nutzen. Kommt es zu einem Unfall, kann er sich folglich nicht damit entlasten, dass eine ordnungsbehördliche Genehmigung vorlag.
Erhebliches Mitverschulden
Allerdings kam auch der Kläger nicht ungeschoren davon. Die Richter warfen ihm nämlich vor, zu einem erheblichen Maß selber für seinen Unfall verantwortlich zu sein. Denn obwohl er hätte sehen müssen, dass die Tribüne nicht durch ein Geländer gesichert war, hat er sich an deren Rand gestellt. Er hat sich folglich bewusst in Gefahr begeben.
Es war aber primär seine Sache, sich durch vorsichtiges Verhalten vor Schäden zu schützen oder die Tribüne, jedenfalls deren Rand, zu meiden, zumal es bereits vor seinem Sturz wiederholt zu tumultartigen Bewegungen der Tribünennutzer gekommen war, so das Gericht.
Anders als das Essener Landgericht, welches das Mitverschulden des Klägers lediglich mit 25 Prozent bewertet hatte, ging das Oberlandesgericht Hamm von einem hälftigen Verschuldensanteil aus.
Unter dieser Prämisse wurden dem Verletzten 10.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz in Höhe von rund 3.300 Euro zugesprochen. Gründe für die Zulassung einer Revision sah das Gericht nicht.
(Quelle VersicherungsJournal 05.07.2011)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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