Ein Fahrradfahrer, der entgegen der Verkehrsvorschriften einen Bürgersteig benutzt, ist in der Regel alleine für einen Unfall mit einem aus einer Grundstücksausfahrt kommenden Fahrzeug verantwortlich. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 29. März 2011 hervor (Az.: 562 C 13120/10).
Der Beklagte war mit seinem Fahrrad auf einem schmalen Bürgersteig unterwegs, als er mit dem von dem Sohn gesteuerten Pkw der Klägerin kollidierte.
Haftung aus Betriebsgefahr?
Dieser war aus einer Hofeinfahrt gekommen und musste den Gehsteig überqueren, um auf die Straße zu gelangen. Der Sohn der Klägerin hatte behauptet, sich langsam aus der Ausfahrt bewegt zu haben. Wegen die Einfahrt begrenzender Hauswände sei der Fußweg jedoch nur schwer einzusehen gewesen.
Weil der Radfahrer mit hoher Geschwindigkeit dicht an der Häuserfront entlanggefahren sei, habe er ihn erst im letzten Augenblick wahrnehmen können.
Der Fahrradfahrer gestand zwar ein, den Gehweg verkehrswidrig benutzt zu haben. Er wollte sich trotz allem nur zum Teil an dem Schaden der Klägerin beteiligen. Denn deren Sohn sei zu schnell aus der Hofeinfahrt gekommen. Ihn treffe daher zumindest eine Mithaftung aus der Betriebsgefahr des Pkw. Er selber sei im Übrigen langsam und mit deutlichem Abstand von der Häuserfront entfernt gefahren.
Doch das konnte das Gericht nicht überzeugen. Es gab der Klage der Fahrzeughalterin auf Zahlung von Schadenersatz wegen der Beschädigung ihres Pkw in voller Höhe statt.
Alleinige Verantwortung
Nach Meinung des Gerichts hat ein verbotswidrig auf einem Bürgersteig fahrender erwachsener Radfahrer einen durch den Zusammenstoß mit einem aus einer Einfahrt kommenden Kraftfahrzeug entstandenen Schaden allein zu tragen, wenn dessen Fahrer kein Verschulden trifft. Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs tritt in solchen Fällen vollständig hinter dem Verschulden des Fahrradfahrers zurück.
Das Gericht zeigte sich überzeugt davon, dass der Beklagte für den Unfall allein verantwortlich ist. Denn Bürgersteige dürfen ausschließlich von Fußgängern sowie von Fahrrad fahrenden Kindern im Alter bis zu zehn Jahren benutzt werden (§ 2 Absatz 5 StVO). Der Beklagte hat sich daher nicht nur verkehrswidrig, sondern äußerst leichtsinnig verhalten, als er den Bürgersteig befuhr.
Im Übrigen schenkte das Gericht seiner Aussage, mit deutlichem Abstand von der Häuserfront entfernt gefahren zu sein, keinen Glauben. Denn andernfalls wäre er auf dem schmalen Bürgersteig wohl kaum, wie von ihm behauptet, durch die Kollision mit seiner Schulter gegen die Hauswand gestoßen.
Kein Freibrief
Nach Aussage des ADAC ist das Urteil kein Freibrief für Autofahrer, sorglos aus einer Ausfahrt fahren zu können. Denn gemäß § 10 StVO hat sich ein aus einer Grundstücksausfahrt kommender Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Er hat sich nötigenfalls einweisen zu lassen.
„Wäre ein Kind unter zehn Jahren als berechtigter Radfahrer auf dem Gehsteig beteiligt gewesen, hätte der Autofahrer die Alleinschuld für die Unfallfolgen gehabt“, so die Meinung des Automobilclubs.
(Quelle VersicherungsJouranl 25.05.2011)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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