26.04.2011
Von den Grenzen der Schadenersatzpflicht

Wer für den Unfalltod eines anderen Menschen verantwortlich ist, haftet auch für zukünftige Unterhaltsansprüche der Hinterbliebenen. Feststellungen zu einer möglichen Unterhaltsberechnung aufgrund eines fiktiv anzunehmenden, beruflichen Werdegangs des Unfallopfers können jedoch erst getroffen worden, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit der Hinterbliebenen tatsächlich eingetreten ist. Das hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg mit einem am Dienstag veröffentlichten Urteil vom 19. Januar 2011 entschieden (5 U 48/10).
Die seinerzeit 17-Jährige Tochter der Kläger war zwei Tage nach einem von einem Versicherten der Beklagten verursachten Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
Erklärung für die Zukunft
Nachdem der beklagte Versicherte Schadenersatz geleistet und Schmerzensgeld gezahlt hatte, gab er auf Verlangen der Kläger eine Erklärung ab, in welcher er sich dazu verpflichtete, ihnen weitere Schäden für den Fall zu ersetzen, dass ihre Tochter ihnen gegenüber nach gesetzlichen Bestimmungen wahrscheinlich unterhaltspflichtig geworden wäre.
Doch das reichte den Klägern nicht aus. Mit ihrer gegen den Versicherer gerichteten Feststellungsklage wollten sie erreichen, dass er sich dazu verpflichtete, einen möglichen Unterhaltsanspruch auf Basis eines durchschnittlichen Einkommens einer Chemieingenieurin zu berechnen.
Ihre hochbegabte Tochter habe nämlich nach dem Abitur die feste Absicht gehabt, Chemie zu studieren und Chemieingenieurin zu werden.
Zu weitgehend
Doch diesem Begehren wollten die Richter des Oldenburger Oberlandesgerichts nicht folgen. Sie wiesen die Feststellungsklage als unbegründet zurück.
Das Gericht stellte zwar nicht in Abrede, dass der Vater der Verstorbenen als Generalagent eines Versicherers aufgrund von durch Umstrukturierungen gekennzeichnete Unsicherheiten in der Versicherungsbranche eines Tages möglicherweise sein Betätigungsfeld verlieren und auf Unterhaltszahlungen angewiesen sein kann. Sie hielten die Forderungen der Kläger trotz allem für zu weitgehend.
Nach Ansicht des Gerichts ist aus der von dem beklagten Versicherer abgegebenen Erklärung zu möglichen Unterhaltszahlungen deutlich zu erkennen, dass er die Kläger für den Fall einer eventuellen Bedürftigkeit materiellrechtlich so stellen wird, als ob sie eine gerichtliche Feststellung der Schadenersatzpflicht erwirkt hätten.
Diverse Faktoren
Für die Höhe eines bisher nur fiktiven Unterhaltsanspruchs ist aber nicht nur das hypothetische Einkommen der verstorbenen Tochter der Kläger entscheidend. Sie richtet sich vielmehr auch nach möglichem Vermögen, anderweitigen Unterhalts-Verpflichtungen sowie eventuellen Schulden eines potenziellen Unterhaltspflichtigen.
Unabhängig davon hängt die Höhe eines Unterhaltsanspruchs auch davon ab, in welchem Maße ein potenziell Unterhaltsberechtigter bedürftig ist. Die entsprechende Berechnungsgrundlage kann daher nicht für die Zukunft fiktiv festgelegt werden.
Nach all dem haben die Kläger keinen Anspruch auf Abgabe der von ihnen von dem Versicherer verlangten Erklärung. Auch eine Berufung gegen die Entscheidung ließen die Richter nicht zu.
(Quelle VersicherungsJournal 17.02.2011)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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