18.04.2011
Streit um Fahrzeugschaden durch Dachlawine

Ein Gebäudebesitzer verletzt nicht seine Verkehrssicherungs-Pflicht, wenn er in einem bekanntermaßen schneearmen Gebiet keine Vorkehrungen gegen Dachlawinen trifft, indem er Schneefanggitter installieren lässt. Das befreit ihn unter bestimmten Voraussetzungen trotz allem nicht von einer Haftungsverpflichtung, so das Landgericht Magdeburg in einem Urteil vom 10. November 2010 (Az.: 5 O 833/10).
Der Kläger hatte seinen Pkw im außergewöhnlich schneereichen Januar des Jahres 2010 vor einem gegenüber seiner Wohnung befindlichen Fachwerkhaus in Haldenleben geparkt. Während der Parkzeit stürzte eine Dachlawine auf das Auto und beschädigte es schwer.
Fehlender Schutz
Seinen Schaden in Höhe von rund 6.000 Euro machte der Kläger gegenüber dem Besitzer des Fachwerkhauses geltend. Nach seiner Meinung hatte dieser nämlich seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt, weil er es versäumt hatte, Schneefanggitter an dem steil abgewinkeltem Dach anbringen zu lassen. Wäre das Dach entsprechend gesichert worden, so wäre es zu dem Schaden nicht gekommen, so die Argumentation des Klägers.
In dem sich anschließenden Schadenersatzprozess verteidigte sich der Gebäudebesitzer damit, dass er nicht in dem Ort wohnte, folglich auch nichts von der Gefahr durch eventuelle Dachlawinen wusste. Im Übrigen habe er in einem Ort wie dem an sich schneearmen Haldensleben auch nicht mit solchen Gefahren rechnen müssen. Es habe folglich keine Notwendigkeit bestanden, an dem Gebäude Schneefanggitter anbringen zu lassen.
Keine Verpflichtung, aber …
Dem letzten Argument wollte das Gericht zwar nicht widersprechen. Es verurteilte den Gebäudebesitzer wegen Verletzung seiner Verkehrssicherungs-Pflicht gleichwohl dazu, sich an dem Schaden des Klägers zur Hälfte zu beteiligen.
Nach Meinung des Gerichts kann zwar in schneearmen Gebieten wie in Haldensleben nicht verlangt werden, dass an Gebäuden Schneefanggitter angebracht werden. Das befreit einen Gebäudebesitzer jedoch nicht von seiner Verpflichtung, bei ungewöhnlichen Schneewetterlagen Passanten und Benutzer der Straße, an der sich das Gebäude befindet, durch das Aufstellen von Schildern vor der Gefahr durch mögliche Dachlawinen zu warnen.
Ein Hausbesitzer kann sich bei einem Schaden durch eine Dachlawine auch nicht mit dem Argument aus der Verantwortung stehlen, wegen eines anderen Wohnortes nichts von den Gefahren gewusst zu haben. „Denn wer für ein Haus verantwortlich ist, muss die erforderlichen Maßnahmen auch dann organisieren, wenn er nicht vor Ort ist“, so das Gericht.
Erhebliches Mitverschulden
Nach Ansicht der Richter ist der Geschädigte jedoch in hohem Maße für den Schaden mitverantwortlich. Denn auch er kannte die länger andauernde Wetterlage mit erheblichen Schneemengen.
Als jemand, der schräg gegenüber vom Haus des Beklagten wohnte, hätte der Kläger auch erkennen können, dass das steile Dach nicht durch Schneefanggitter gesichert war. Zur Vermeidung von Schäden durch Dachlawinen hätte er sein Fahrzeug folglich an einer ungefährlicheren Stelle parken müssen. Den Mitverschuldensanteil des Klägers bewertete das Gericht mit 50 Prozent. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Schlechte Karten für Fahrzeugbesitzer
Erst kürzlich hatte sich das Landgericht Detmold ebenfalls mit der Haftung von Hausbesitzern für die Folgen von Schäden durch Dachlawinen befasst.
Auch die ostwestfälischen Richter kamen zu dem Ergebnis, dass einen Fahrzeughalter, der sein Fahrzeug trotz erkennbarer Gefahr durch Dachlawinen vor einem Haus abstellt, mit einem Schaden an seinem Auto rechnen muss (VersicherungsJournal 7.2.2011).
(Quelle VersicherungsJournal 14.02.2011)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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