Liegen berechtigte Zweifel an der Redlichkeit eines Versicherten vor, so ist sein Teilkaskoversicherer nur dann zur Regulierung eines vorgeblichen Diebstahlschadens verpflichtet, wenn die Entwendung vollständig bewiesen wird. Das hat das Oberlandesgericht Bamberg mit einem am Freitag veröffentlichten Beschluss vom 15. Oktober 2010 entschieden (Az.: 1 U 89/10). Die Richter haben damit ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts Coburg vom 10. August 2010 (Az.: 23 O 826/09) bestätigt.
Der Kläger hatte im Februar 2008 für 20.000 Euro einen Mercedes gekauft. Das Fahrzeug wies zum Zeitpunkt des Kaufs einen reparierten Heckschaden auf, dessen Reparatur ebenfalls rund 20.000 Euro gekostet hatte.
Anonymer Hinweis
Knapp fünf Monate nach dem Kauf erhielten sowohl die Polizei als auch der Teilkaskoversicherer des Klägers einen anonymen Hinweis, das beabsichtigt sei, den Mercedes einem Berliner Autoschieber zu überlassen und ihn anschließend als gestohlen zu melden.
Gut zwei Wochen später wurde das Fahrzeug vom Sohn des Klägers während eines Berlin-Aufenthalts tatsächlich als gestohlen gemeldet. Der Kläger zeigte den Diebstahl seiner Versicherung an. In der Schadenanzeige verschwieg er aber den Vorschaden. Auch dass das Auto nach dem Erwerb wegen Wassereinbruchs wiederholt in die Werkstatt musste, offenbarte der Kläger seinem Versicherer nicht.
In einem Fragebogen der Polizei gab der Kläger trotz einer entsprechenden Frage ebenfalls nicht an, dass das angeblich gestohlene Fahrzeug einen erheblichen Vorschaden erlitten hatte.
Zweifel an der Redlichkeit
Ein von der Polizei und der Staatsanwaltschaft eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschens eines Kfz-Diebstahls führte zu keinem ausreichenden Ergebnis. Es wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Unter Würdigung der Gesamtumstände lehnte es der Teilkaskoversicherer des Klägers ab, den Diebstahlschaden zu regulieren. Denn nach Ansicht des Versicherers bestanden erhebliche Zweifel an der Redlichkeit des Klägers. Er habe daher vollständig beweisen müssen, dass sein Fahrzeug tatsächlich gestohlen worden war. Diesen Beweis sei er jedoch schuldig geblieben.
Dem stimmten sowohl das Landgericht Coburg als auch das Bamberger Oberlandesgericht zu. Die Richter wiesen die Klage des Versicherten als unbegründet zurück. Sie sahen es in erheblichem Maße für wahrscheinlich an, dass der Diebstahl von dem Kläger nur vorgetäuscht wurde.
Erhebliche Wahrscheinlichkeit
Dafür sprachen nicht nur die Detailkenntnisse des anonymen Anzeigenerstatters. Auch an der Redlichkeit des Klägers gab es nach Meinung der Richter erhebliche berechtigte Zweifel. Denn er hatte sowohl dem Versicherer als auch der Polizei gegenüber den erheblichen Vorschaden verschwiegen und auch keine Angaben zu dem Wassereintritt nach Erwerb des Fahrzeugs gemacht.
Das Maß der Indizien begründet nach Meinung der Richter ein solches Maß an Zweifeln, dass von einer erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung einer Entwendung ausgegangen werden muss.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren eingestellt wurde. Denn in einem Zivilverfahren sind andere Beweisregeln anzuwenden als in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren.
Der Versicherer des Klägers hat daher zu Recht die Leistungsübernahme verweigert.
(Quelle VersicherungJournal 18.01.2011)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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