Überquert ein Fahrradfahrer einen Fußgängerüberweg, ohne sein Fahrrad zu schieben, so trifft ihn im Fall einer Kollision mit einem Autofahrer ein erhebliches Mitverschulden. Das hat die zweite Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) mit Urteil vom 24. November 2010 entschieden (Az.: 2 S 193/10).
Die Klägerin befuhr mit ihrem Fahrrad einen Radweg. Kurz vor einer Einmündung wechselte sie plötzlich auf einen dort befindlichen Zebrastreifen. Dabei kam es am Ende des Fußgängerüberwegs zu einer Kollision mit dem Pkw der Beklagten.
Keinerlei Vorrang
Ihre Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Forderungen begründete die Klägerin damit, dass sie auf dem Fußgängerüberweg auch als Fahrradfahrerin gegenüber dem fließenden Verkehr bevorrechtigt gewesen sei. Die Autofahrerin sei folglich allein für den Unfall verantwortlich.
Doch dem wollten die Richter des Frankenthaler Landgerichts nicht folgen. Sie gaben der Klage der Radfahrerin nur zum Teil statt.
Nach Ansicht des Gerichts haben Radfahrer – anders als Fußgänger – unabhängig von ihrer Fahrgeschwindigkeit auf Fußgängerüberwegen gegenüber dem fließenden Verkehr keinerlei Vorrang, wenn sie nicht absteigen und ihr Fahrrad schieben. Mit anderen Worten: Ein Radler ist gegenüber dem übrigen Verkehr wartepflichtig, wenn er einen Zebrastreifen fahrend überquert.
Erhebliches Mitverschulden
Die Richter zeigten sich überzeugt davon, dass die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls traf. Denn durch ihr plötzliches, nicht vorhersehbares Einschwenken auf den Fußgängerüberweg konnte sich die beklagte Autofahrerin nur bedingt auf die Situation einstellen.
Da sich der Unfall jedoch kurz vor Erreichen der gegenüberliegenden Straßenseite ereignete, bemaß das Gericht den Mitverschuldensanteil der Klägerin lediglich mit 50 Prozent. Die Richter wiesen allerdings darauf hin, dass bei Unfällen mit Radfahrern auf Zebrastreifen je nach den Umständen des Einzelfalls durchaus auch von einer Alleinschuld des Radlers ausgegangen werden kann.
Das Gericht bezeichnete es als Unsitte, dass Radfahrer Fußgängerüberwege immer häufiger fahrend und nicht schiebend überqueren und sich dabei sogar noch einbilden, im Recht zu sein.
(Quelle VersicheuungsJournal 20.12.2010)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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