21.02.2011
Wenn Schweigen den Versicherungsschutz kostet

Lässt ein Versicherungsnehmer nach Eintritt eines Versicherungsfalls trotz mehrmaliger Nachfrage Fragen zum Alkoholkonsum des Fahrers offen, so ist sein Vollkaskoversicherer dazu berechtigt, ihm wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung den Versicherungsschutz zu versagen. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Paderborn vom 25. August 2010 hervor (Az.: 4 O 96/10).
Die Klägerin hatte bei der Beklagten für ihren gemeinsam mit ihrem Ehemann erworbenen und genutzten Pkw eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen.
In den Versicherungs-Bedingungen hieß es unter anderem: „Sie sind verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie unsere Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen. (…) Verletzen Sie vorsätzlich eine Ihrer in E.1 bis E.5 geregelten Pflichten, haben Sie keinen Versicherungsschutz (…)“
Ab durch die Mitte
Im Juli 2009 hatte das Ehepaar Gäste eingeladen. Im Laufe des Abends wurde Alkohol getrunken. Nach einem Streit mit seiner Frau verließ der Mann der Klägerin in der Nacht die Wohnung und fuhr mit dem versicherten Fahrzeug davon.
Gegen 3:30 Uhr kam er mit dem Pkw in einer Rechtskurve von der Straße ab. Dabei wurde das Fahrzeug erheblich beschädigt. Bei dem Unfall wurden auch eine Straßenlaterne, ein Zaun sowie eine Mauer und Pflanzen in Mitleidenschaft gezogen.
Verurteilung wegen Unfallflucht
Ohne zuvor die Polizei benachrichtigt zu haben, begab sich der Ehemann der Klägerin nach Hause. Dort angekommen erzählte er seiner Frau von dem Vorfall. Diese suchte daraufhin gemeinsam mit ihrem Mann sowie ihrer Tochter und deren Lebensgefährten den Unfallort auf und informierte die Polizei.
Noch ehe diese am Ort des Geschehens eintraf, entfernte sich der Ehemann der Klägerin erneut von der Unfallstelle. Er wurde später wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt. Gegen ihn wurde außerdem ein zweimonatiges Fahrverbot verhängt.
Im Schadenformular ihres Vollkaskoversicherers ließ die Klägerin die Frage nach einem Alkoholgenuss des Fahrers ihres Fahrzeuges offen. Trotz fünfmaliger schriftlicher Nachfrage des Versicherers beantwortete sie diese Frage auch in der Folgezeit nicht.
Vorsätzliche Obliegenheitsverletzung
Die Klägerin bestätigte ihrem Versicherer in einem Telefax lediglich, dass ihr Mann das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls gefahren habe, das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren aber inzwischen erledigt sei. Angaben zum Alkoholgenuss ihres Mannes enthielt auch das Fax nicht.
Der Vollkaskoversicherer versagte der Klägerin daher wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung den Versicherungsschutz. Mit ihrer gegen den Versicherer gerichteten Klage auf Zahlung des Fahrzeugschadens in Höhe von knapp 9.000 Euro hatte die Versicherte keinen Erfolg.
Die vierte Zivilkammer des Paderborner Landgerichts teilte die Ansicht des Versicherers, dass die Klägerin vorsätzlich ihre Obliegenheiten verletzt hat, indem sie die Fragen nach dem Alkoholkonsum ihres Mannes in der Schadenanzeige nicht beantwortete und auch auf spätere Nachfragen nicht reagierte.
Nach Meinung der Richter ist nämlich auch die Nichtbeantwortung einer von einem Versicherer gestellten Frage als Obliegenheitsverletzung anzusehen.
Ausreichende Kenntnis
Diese führt jedenfalls dann zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn sich der Versicherungsnehmer weigert, Auskünfte zu erteilen. Eine Nichtbeantwortung stellt allerdings nur dann eine Obliegenheitsverletzung dar, wenn einem Versicherungsnehmer die Beantwortung der Frage wegen entsprechender Kenntnisse möglich gewesen wäre, so das Gericht.
Davon gingen die Richter in der zu entscheidenden Sache jedoch aus. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zeigten sie sich überzeugt davon, dass die Klägerin von einer Alkoholisierung ihres Mannes wusste und die Fragen der Beklagten nach einem Alkoholkonsum des Fahrers trotz dieser Kenntnis vorsätzlich nicht beantwortet hat.
Diesen Schluss zog das Gericht aus der Aussage, welche die Klägerin gegenüber dem aufnehmenden Polizeibeamten gemacht hatte. Diesem gegenüber hatte sie eingeräumt, dass ihr Mann am Abend vor dem Unfall „einige Wodka und mehrere Flaschen Bier“ getrunken hatte.
Da die Klägerin in dem Schadenformular ihres Versicherers ordnungsgemäß auf die Folgen einer Obliegenheitsverletzung hingewiesen wurde, hat ihr der beklagte Versicherer nach Meinung des Gerichts zu Recht den Versicherungsschutz versagt.
(Quelle VersicherungsJouranl 08.10.2010)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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