14.02.2011
Teure Neugier

Wer ein fremdes Fahrzeug startet und es dabei unbeabsichtigt in Bewegung setzt, kann nicht seine Privathaftpflicht-Versicherung in Anspruch nehmen, wenn das Auto dabei beschädigt wird. Das hat die zweite Zivilkammer des Landgerichts Dortmund mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 18. März 2010 entschieden (Az.: 2 S 51/09).
Der Kläger hatte seine Kfz-Werkstatt aufgesucht, um ein Ersatzteil für seinen Pkw zu kaufen. Dabei erweckte ein dem Werkstattinhaber gehörender alter Ford Econoline sein Interesse.
Benzinklausel
Der Werkstattbesitzer erlaubte dem Kläger, das Fahrzeug in Augenschein zu nehmen, während er selber das Ersatzteil aus dem Lager holte. Der Kläger öffnete daher die Fahrertür des innerhalb einer Hebebühne stehenden Autos, stellte den Wahlhebel des Automatikgetriebes auf, wie er dachte, „P“ und ließ den Motor an. Zuvor entriegelte er noch die Motorhaube, um sich den Motor bei laufendem Betrieb anzuschauen.
Doch im gleichen Augenblick bewegte sich das Fahrzeug nach hinten. Denn der Kläger hatte den Wahlhebel versehentlich auf „R“ und nicht auf „P“ gestellt. Bei dem Zwischenfall wurden eine Tür sowie ein Kotflügel des Ford beschädigt.
Der Kläger meldete den Vorfall seinem Privathaftpflicht-Versicherer mit der Bitte, für den Schaden aufzukommen. Doch dieser verweigerte unter Hinweis auf die sogenannte Benzinklausel die Leistungsübernahme. Durch die Klausel sind nämlich Schäden, die ein Führer eines Kraftfahrzeuges durch dessen Gebrauch verursacht, vom Versicherungsschutz der Privathaftpflicht-Versicherung ausgeschlossen.
Aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers
Der Versicherte war jedoch der Meinung, dass er den Ford nicht habe gebrauchen wollen, denn ein Gebrauch setze den Willen voraus, ein Fahrzeug fortbewegen zu wollen. Er zog daher gegen seinen Versicherer vor Gericht. Doch dort erlitt er eine Niederlage.
Nach Ansicht des Gerichts hat sich der beklagte Versicherer zu Recht geweigert, dem Kläger Versicherungsschutz zu gewähren. Die Benzinklausel ist nämlich so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss.
Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist jedoch derjenige Führer eines Kraftfahrzeugs, „der eigenverantwortlich Verrichtungen ausübt, die erforderlich sind, damit die bestimmungsgemäßen Triebkräfte des Fahrzeugs auf dieses zur Fortbewegung einwirken“, so das Gericht.
Auf den Zweck kommt es nicht an
Demnach ist es nicht erforderlich, dass die Fortbewegung Zweck der Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs sein muss. Es genügt vielmehr, wenn die zur Fortbewegung erforderlichen Triebkräfte des Fahrzeugs in Gang gesetzt werden und es deswegen bewegt wird.
Das gilt selbst dann, wenn wie im zu entscheidenden Fall die Fortbewegung nur irrtümlich veranlasst wurde. Denn auch dann hat sich der Begriff des Gebrauchs verwirklicht.
Das hat zur Folge, dass der Versicherte für den durch ihn verursachten Fahrzeugschaden selber einzustehen hat. Eine Revision der Entscheidung ließen die Richter nicht zu.
(Quelle VersicherungsJournal 08.12.2010)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de