02.11.2010
Wenn eine Rechnung gar keine Rechnung ist

Reicht ein Versicherter seinem Hausratversicherer einen als „Rechnung“ gekennzeichneten Beleg ein, bei dem es sich in Wahrheit lediglich um eine Aufstellung angeblich erworbener Teile handelt, kann der Versicherer wegen arglistig falscher Angaben den Versicherungsschutz versagen. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 3. August 2010 entschieden (Az.: 12 U 86/10).
Nach Angaben des Klägers war ihm im Mai 2009 ein drei Monate zuvor erworbenes Mountainbike im Wert von 5.700 Euro gestohlen worden.
Der Schadenmeldung an seinen Hausratversicherer fügte er einen als „Rechnung“ gekennzeichneten Beleg des Radhauses K. bei, in welchem zahlreiche Einzelteile mit einem Warenwert von 5.757,55 Euro aufgeführt waren. Abzüglich eines Rabattes ergab sich die runde Summe von 5.700 Euro.
Der Beleg enthielt einen Hinweis, dass in dem Betrag 19 Prozent Mehrwertsteuer enthalten und das der Kläger von Klaus K. bedient worden sei.
Wertermittlung statt Rechnung
Im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass der Kläger zahlreiche der in dem Beleg aufgeführten Teile bei anderen Firmen erworben beziehungsweise im Internet ersteigert hatte. In dem Radhaus K. hatte der Kläger die Teile lediglich zu seinem individuellen Wunschfahrrad zusammenbauen lassen, dort aber nur Teile im Wert von rund 2.000 Euro erworben.
Der Hausratversicherer des Klägers fühlte sich arglistig getäuscht. Er lehnte es daher ab, den Schaden zu regulieren.
In seiner gegen den Versicherer eingereichten Klage trug der Versicherte vor, den Beleg der Firma K. lediglich als Wertermittlung eingereicht zu haben, um dem Hausratversicherer so die Arbeit mit zahlreichen Einzelbelegen zu ersparen.
Die Bezeichnung „Rechnung“ erkläre sich daraus, dass das Computerprogramm des Radhauses keine „Wertermittlung“ ermögliche. Die in dem Beleg aufgelisteten Werte seien aber richtig. Denn es habe sich ausschließlich um Neuteile gehandelt.
Unterbliebener Hinweis
Doch das konnte die Richter nicht überzeugen. Sie wiesen die Klage auf Ersatz des gestohlenen Fahrrades durch den Hausratversicherer als unbegründet zurück.
Nach Überzeugung des Gerichts hat der Kläger versucht, mit irreführenden Angaben Einfluss auf die Regulierungs-Entscheidung des Versicherers hinsichtlich der Entschädigungshöhe zu nehmen.
Denn er hat zum Nachweis des Schadens auf einen als „Rechnung“ bezeichneten Beleg des Radhauses Bezug genommen, ohne klarzustellen, dass er die dort aufgeführten Teile überwiegend gar nicht dort erworben hat.
Arglistige Täuschung
Der Begriff „Rechnung“ beinhalte nach gewöhnlichem Verständnis die Aussage, dass die dort aufgeführten Gegenstände die Leistung des Rechnungsstellers darstellten und von ihm stammten. Das gilt umso mehr, wenn der Beleg zusätzlich die Mehrwertsteuer und noch einen Nachlass ausweist, so das Gericht.
Der Kläger hat nach Meinung der Richter mit dem Beleg offenkundig suggerieren wollen, dass alle dort aufgeführten Teile beim Radhaus neu erworben worden sind, um den Versicherer von weiteren lästigen Rückfragen nach der Herkunft und dem Zustand der zugekauften Teile abzuhalten und mögliche Zweifel an der Werthaltigkeit des montierten Fahrrades gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Damit aber hat er arglistig gehandelt. Denn Arglist setzt das bewusste Einwirken auf die Entscheidung eines Versicherers durch unrichtige oder unvollständige Angaben voraus. Eine Bereicherungs- und Schädigungsabsicht ist zur Erfüllung des Arglist-Tatbestandes hingegen nicht erforderlich. Nach all dem ist der Versicherer daher leistungsfrei
(Quelle VersicherungsJournal 11.08.2010)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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