06.09.2010
Und tschüss!

Ein Versicherter, der sich unerlaubt von einem Unfallort entfernt, darf auch dann von seinem Kfz-Haftpflichtversicherer wegen vorsätzlicher Verletzung seiner Aufklärungspflicht in Regress genommen werden, wenn das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren wegen Unfallflucht eingestellt wurde. Das gilt in der Regel auch, wenn es sich um einen Ausländer handelt, der nach eigenen Angaben mit den deutschen Gepflogenheiten nicht vertraut ist, so das Landgericht Frankfurt/Oder in einem jetzt bekannt gewordenen Beschluss vom 3. Juli 2009 (Az.: 6a S 174/08).
Der Entscheidung lag die Klage eines deutschen Kfz-Haftpflichtversicherers gegen einen niederländischen Staatsangehörigen zugrunde. Dieser war mit einem in Deutschland zugelassenen und versicherten, nicht ihm gehörenden Pkw in einen Verkehrsunfall verwickelt worden.
Doch anstatt am Unfallort zu verbleiben und die Feststellung seiner Personalien und seiner Beteiligung zu ermöglichen, entfernte er sich. Er wurde erst später als Fahrer des Unfallfahrzeuges ermittelt.
Nachdem der Kfz-Haftpflichtversicherer den Schaden reguliert hatte, wollte er den Fahrer des Unfallfahrzeuges wegen vorsätzlicher Verletzung seiner Aufklärungspflicht in Regress nehmen. Dieser berief sich jedoch darauf, als ausländischer Staatsangehöriger nicht gewusst zu haben, dass er am Unfallort verbleiben musste. Im Übrigen sei das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren wegen Verkehrsunfallflucht eingestellt worden, was er als weiteres Indiz für seine Unschuld annahm.
Fehlende Belehrung, aber …
Doch all das konnte die Frankfurter Richter nicht überzeugen. Sie gaben der Regressklage des Versicherers gegen den Fahrer des Unfallfahrzeuges statt.
Nach Eintritt eines Versicherungsfalls ist ein Versicherter grundsätzlich dazu verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestands und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Diese Verpflichtung umfasst nicht nur eine Information des Versicherers. Sie erstreckt sich auch auf das Verhalten am Unfallort.
Dabei kommt es im Fall einer Verkehrsunfallflucht nach Ansicht des Gerichts nicht darauf an, ob eine versicherte Person in unmittelbarer vertraglicher Beziehung mit dem Versicherer stand und über seine Aufklärungspflichten belehrt wurde.
Logische Konsequenz
„Denn dass die strafrechtlich sanktionierte Rechtspflicht, an der Unfallstelle zu verbleiben und die in § 142 Absatz 1 StGB aufgeführten Feststellungen zu ermöglichen, auch gegenüber der Versicherung besteht, die als Einstandspflichtige ein Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallherganges und der Unfallursachen hat, muss sich jedem Kraftfahrer aufdrängen. Einer gesonderten Belehrung bedarf es daher nicht“, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.
Nach Ansicht des Gerichts entlastet es den Beklagten auch nicht, niederländischer Staatsangehöriger zu sein. Er konnte nämlich nicht darlegen, dass sich sein heimisches Rechtssystem derartig von dem deutschen unterscheidet, dass er nicht damit rechnen musste, am Unfallort verbleiben zu müssen.
Auch auf die Tatsache, dass das gegen den Beklagten eingeleitete Strafverfahren wegen Verkehrsunfallflucht eingestellt wurde, kommt es nach Meinung der Richter nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass er sich unbestritten unerlaubt von dem Unfallort entfernt hat. Unabhängig davon ist ein Zivilgericht nicht an strafrechtliche Entscheidungen gebunden.
(Quelle VersicherungsJournal 18.06.2010)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de