02.08.2010
Rutschpartie mit Folgen

Die Haftung aus Betriebsgefahr gemäß § 7 StVG (Gefährdungshaftung) endet, sobald ein Fahrzeug ordnungsgemäß auf einem Privatgrundstück abgestellt wird. Der Halter des Fahrzeuges haftet allenfalls aus Verschulden. Das muss ihm allerdings nachgewiesen werden. Mit dieser Begründung hat das Landgericht Detmold die Schadenersatz-Forderungen eines Autofahrers zurückgewiesen, dessen Pkw auf einem Hotelparkplatz erheblich beschädigt wurde (Urteil vom 14. April 2010, Az.: 10 S 150/09).
Nach einem Bericht der Deutschen Anwaltshotline hatte der Kläger seinen BMW im Dezember 2007 auf dem Privatparkplatz eines Hotels abgestellt. Obwohl es in der Nacht zuvor geschneit und gefroren hatte, war der Parkplatz weder geräumt noch gestreut worden.
Kurze Zeit später stellte auch der Beklagte sein Fahrzeug auf dem Parkplatz mit einem ein Gefälle von etwa zehn Prozent ab, und zwar in einer Parkbucht, die sich unmittelbar links neben der des Klägers befand. Er stellte die Automatikschaltung seines Autos ordnungsgemäß auf „P“, zog die Handbremse an und schlug die Lenkung nach links ein. Weitere Sicherungsmaßnahmen ergriff der Beklagte nicht.
Verhängnisvolles Blitzeis
Das Gefälle auf dem Parkplatzgelände wäre normalerweise kein Problem gewesen. Doch kurz darauf setzte Blitzeis ein. Als der Kläger Stunden später zu seinem Pkw zurück kam, war das Fahrzeug des Beklagten seitlich gegen sein Auto gerutscht. Erst einem herbeigerufenen Abschleppunternehmen gelang es, die Fahrzeuge voneinander zu trennen.
Den bei dem Zwischenfall entstandenen Schaden in Höhe von mehr als 1.800 Euro wollte der Halter des BMW von dem Besitzer des neben ihm geparkten Fahrzeugs erstattet haben.
Unzureichende Sicherung?
In seiner Schadenersatzklage machte er geltend, dass der Halter des anderen Autos gemäß § 7 StVG aus der Betriebsgefahr heraus hafte. Unabhängig davon warf er ihm vor, den Schaden schuldhaft herbeigeführt zu haben. Denn er hätte sein Fahrzeug angesichts der Witterungsverhältnisse besser sichern müssen.
Doch dem wollten weder das Amtsgericht Lemgo noch das in Berufung angerufene Landgericht Detmold folgen. Die Richter wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Keine Haftung aus Betriebsgefahr
Nach Ansicht des Gericht befinden sich zwar grundsätzlich auch parkende Kraftfahrzeuge in Betrieb, soweit sie den Verkehr „irgendwie beeinflussen können“. Eine Haftung aus Betriebsgefahr gemäß § 7 StVG endet jedoch dann, sobald ein Fahrzeug ordnungsgemäß auf einem Privatgrundstück abgestellt wurde. Davon war in dem zu entscheidenden Fall auszugehen.
Ein haftungsbegründendes Verschulden des Beklagten konnten die Richter ebenfalls nicht erkennen. Nach Aussage eines von dem Gericht befragten Sachverständigen hatte der Beklagte sein Fahrzeug auch angesichts der Witterungsverhältnisse sowie des Gefälles ordnungsgemäß abgestellt. Weitere Sicherungsmaßnahmen waren nach Ansicht des Sachverständigen nicht möglich.
Allein aus dem Abstellen eines Pkws auf einer möglicherweise eis- und schneeglatten Fläche an einem Gefälle kann an sich jedoch kein schuldhaftes Verhalten abgeleitet werden. Denn dann träfe auch den Kläger in gleichem Maße ein Verschulden, so das Gericht.
Pech gehabt
Nach Überzeugung der Richter ist der Schaden an dem Fahrzeug des Klägers vielmehr durch eine Verquickung außergewöhnlicher und unwahrscheinlicher Ereignisse verursacht worden, mit denen der Beklagte unmöglich habe rechnen können. Der Kläger geht daher mangels Verschulden des Beklagten leer aus und bleibt auf den Reparaturkosten seines Fahrzeugs hängen.
Dass Geschädigte beim Zusammentreffen außergewöhnlicher Umstände leer ausgehen können, beweist auch ein Urteil des Landgerichts Tübingen vom 31. Mai 2010. In diesem Fall war ein ordnungsgemäß abgestelltes Motorrad auf einen geparkten Pkw gestürzt, ohne dass dessen Halter seine Schadenersatzansprüche durchsetzen konnte (VersicherungsJournal 7.7.2010).
(VersicherungsJournal 23.07.2010)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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