WM-Schmuck an Fahrzeugen und Autokorsos bergen ein erhöhtes Schaden- und Unfallrisiko. Auch wenn im Ernstfall die Kfz-Haftpflicht- oder Kaskoversicherung einspringen, sollte man trotz aller Begeisterung gewisse Sicherheitsvorkehrungen beachten, damit es erst gar nicht zu einem Schaden kommt.
Ob Wimpel, Aufkleber oder Nationalfahnen – spätestens seit der Heim-WM 2006 in Deutschland zeigen die Bundesbürger auch an ihrem Auto gern Flagge. Bereits im Vorfeld der heute beginnenden Fußballweltmeisterschaft in Südafrika hat sich die Zahl der Fahrzeuge mit WM-Schmuck beinahe täglich umso stärker erhöht, je näher das Eröffnungsspiel gerückt ist.
WM-Schmuck oft nicht für Straßenverkehr zugelassen
Doch bei aller Begeisterung sollte nicht vergessen werden, dass Fahnen & Co. auch ein gewisses Sicherheitsrisiko bedeuten können. So weist beispielsweise die Ergo Versicherungsgruppe AG darauf hin, dass viele Wimpel und Fahnen nicht oder nur eingeschränkt für den Gebrauch im Straßenverkehr zugelassen seien. Auch ein TÜV-Siegel suche man häufig vergebens.
Deshalb raten die Schadenexperten der Ergo dazu, ausschließlich zugelassene und geprüfte Artikel zu verwenden und immer auch das Kleingedruckte zu lesen. Doch selbst noch so hochwertiger und geprüfter WM-Fahrzeugschmuck kann gefährlich sein.
Bei hohen Geschwindigkeiten wird es kritisch
Doppelte Vorsicht ist beispielsweise bei den Fähnchen geboten, die mit einem Plastik-Stecker im Fensterspalt befestigt werden. Denn diese Billigprodukte haben in der Regel lange nicht die Qualität wie beispielsweise die Flaggen an Diplomatenautos.
Bereits während der Fußball-WM 2006 war in Deutschlands (Autobahn-) Straßengräben zu beobachten, dass sich zahlreiche Fahnen vom Stiel verabschiedet haben. Besonders gefährlich wird es, wenn man eine Autobahnfahrt vor sich hat.
Denn in der Regel sind die Fahnen nicht für hohe Geschwindigkeiten zugelassen und halten vom Material her solchen Belastungen nicht Stand. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte deshalb die Flaggen-Deko vor längeren (Autobahn-) Fahrten komplett entfernen werden. Am Fahrtziel können die Klappfahnen dann wieder angebracht werden.
Freie Sicht ein Muss
Aufpassen muss man auch bei Flaggen, Wimpeln und sonstigen Dekorationen, wenn sie an der Front- oder Heckscheibe angebracht sind. Denn es gehört zu den Verkehrssicherheits-Pflichten eines Autofahrers, eine uneingeschränkte Sicht sicherzustellen.
„Vollgeklebte Fenster, eine Flagge vor der Heckscheibe oder allzu gewagte Fahnenkonstruktionen außerhalb der Fahrgastzelle sind somit tabu“, so die Mahnung aus dem Hause Ergo.
Gefährliche Autokorsos
Nach einem Sieg der deutschen Nationalelf werden sich erfahrungsgemäß spontan auch wieder schwarz-rot-goldene Autokorsos durch die Straßen bewegen. Viele euphorische Fans sind dabei jedoch oft äußerst überschwänglich und vernachlässigen die einfachsten Sicherheitsvorkehrungen.
„Mitfahrende sitzen in den Fensteröffnungen, lehnen aus dem Fahrzeug oder machen es sich bei Cabrios auf dem Verdeck bequem“, beschreibt die Allianz das oft zu beobachtende, überschwängliche Verhalten. Kommt es nun zu einem Verkehrsunfall, besteht ein erhöhtes Verletzungsrisiko, weil die Fahrzeuginsassen nicht „vom Lebensretter Nummer Eins, dem Sicherheitsgurt, geschützt“ sind.
In einem Crashtest hat das Allianz Zentrum für Technik (AZT) die Folgen eines solchen Unfalls durch den Aufprall eines Fanfahrzeuges bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h auf ein stehendes Fahrzeug simuliert. In das Versuchsfahrzeug wurden zwei ungesicherte und ein korrekt angeschnallter Dummy gesetzt. Der vorschriftsmäßig angeschnallte Fahrerdummy hat seine Sitzposition beibehalten und wäre – durch Gurt und Airbag geschützt – unverletzt geblieben.
Übermut tut selten gut
Ganz anders die beiden ungesicherten Mitfahrer: Der im Fensterrahmen hinter dem Fahrer sitzende Dummy wurde aus dem Auto geschleudert. Dabei sei er gegen den Türholm und den Fensterrahmen der Fahrertür geprallt und schließlich aus einem Meter Höhe auf den Asphalt gestürzt – mit schwersten Verletzungen im Becken- und Brustbereich.
Der auf dem Beifahrersitz stehende und mit dem Oberkörper aus dem Schiebdach ragende Dummy wurde durch den Aufprall nach vorne gedrückt und hätte sich schwere Verletzungen im Brustbereich und den inneren Organen zugezogen.
„Beide Fans hätten bei einem solchen Unfall ungesichert mit großer Wahrscheinlichkeit schwere oder tödliche Verletzungen erlitten“, erklärte AZT-Leiter Dr. Christoph Lauterwasser. Deshalb sollte man auch in Feierlaune bei offenen Fenstern oder geöffnetem Verdeck nur richtig gesichert im Auto fahren, so der Rat des Sicherheitsexperten.
Ein knapp 40 MB großes Video des Unfallversuchs steht auf dieser Allianz-Internetseite zum kostenlosen Download bereit.
Wer haftet bei Schäden?
Die Kfz-Haftpflichtversicherung springt ein, wenn die WM-Dekoration sich selbstständig macht und zum Beispiel ein anderes Auto beschädigt oder einen Fußgänger verletzt. Kann der Verursacher nicht ermittelt werden, bleibt der Geschädigte auf dem Schaden sitzen. Nach Angaben der Arag kann der Schaden zwar meist über die Vollkaskoversicherung reguliert werden. Wegen der zu erwartenden Umstufung in eine teurere Schadenfreiheitsklasse sei dies jedoch nicht in jedem Fall sinnvoll.
Wird durch ein wegen angesteckter Fahne nicht ganz geschlossenes Fenster ein Einbruch verübt, ist das ein Fall für die Kaskoversicherung. Da jedoch schon ein kleiner Fensterspalt das Diebstahlrisiko erhöht, gilt der Schaden als grob fahrlässig verursacht. In einem solchen Fall ist der Versicherer seit der VVG-Reform jedoch nicht mehr generell leistungsfrei.
Nach § 81 Absatz 2 VVG ist er aber dazu „berechtigt, die Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.“ Viele Versicherer bieten jedoch Tarife mit Verzicht auf den Einwand grober Fahrlässigkeit an, je nach Anbieter bis zur Deckungssumme oder bis zu bestimmten Höchstsummen.
Deshalb sollten im Fensterspalt befestigte Fahnen immer dann abmontiert werden, wenn man das Fahrzeug unbeaufsichtigt abstellt. Das gilt auch für einen noch so kurzen Abstecher in den Supermarkt – denn professionelle Langfinger brauchen nur wenige Sekunden, um ein Auto leer zu räumen.
(Quelle VersicherungsJournal 11.06.2010)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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