10.05.2010
Finger weg vom Navi?

Der Mieter eines Leihwagens, der während der Fahrt ein Navigationsgerät betätigt, handelt grob fahrlässig. Ist in dem Mietvertrag vereinbart, dass der Mieter für grob fahrlässig verursachte Schäden in vollem Umfang verantwortlich ist, so ist er dem Vermieter zum Ersatz des Schadens an dem Leihwagen verpflichtet, wenn es zu einem Unfall kommt. Das hat das Landgericht Potsdam in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 26. Juni 2009 entschieden (Az.: 6 O 32/09).
Die Beklagte hatte bei der Klägerin einen Leihwagen gemietet. Das Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse war mit einem Navigationsgerät ausgestattet.
Nicht aufgepasst
Weil die Beklagte während einer Autobahnfahrt vermutete, an einer Raststätte vorbeigefahren zu sein, betätigte sie das Navigationsgerät, um Gewissheit zu erlangen. Dadurch widmete sie sich weniger dem Verkehrsgeschehen als vielmehr dem Navi. Das hatte zur Folge, dass die Frau auf ein vor ihr fahrendes Fahrzeug auffuhr. Bei dem Unfall entstand an dem Leihwagen ein Schaden von mehr als 5.000 Euro.
Das Leihwagenunternehmen hielt das Verhalten der Mieterin für grob fahrlässig. Da aber im Mietvertrag vereinbart worden war, dass die Mieter eines Leihwagens für durch grobe Fahrlässigkeit verursachte Schäden aufzukommen haben, landete die Sache vor Gericht.
Was ist grob fahrlässig?
Dort verteidigte sich die Beklagte damit, dass sie die Raststätte wegen eines dringenden Toilettenbesuches aufsuchen wollte. Nicht zuletzt aus diesem Grund habe sie nicht grob fahrlässig gehandelt, als sie das Navigationsgerät betätigte. Der Unfall sei vielmehr Folge eines Augenblicksversagens. Ihr Verhalten sei daher allenfalls als einfache Fahrlässigkeit einzustufen.
Doch dem wollten die Richter nicht folgen. Sie gaben der Klage des Leihwagenunternehmens in vollem Umfang statt.
Grob fahrlässig handelt, wer die Fahrbahn nicht mehr im Blick behält und hierdurch einen Unfall verursacht. Insbesondere die Unaufmerksamkeit eines Autofahrers wegen anderer, nicht verkehrsbedingter Tätigkeiten, begründet den Vorwurf grober Fahrlässigkeit, so das Gericht.
Finger weg!
Nach Ansicht der Richter gilt es als allgemein bekannt, dass Eingaben in ein Navigationsgerät grundsätzlich nur zu erfolgen haben, wenn ein Fahrzeug steht. Denn das entspricht nicht nur den Empfehlungen des ADAC, sondern steht so auch in den Gebrauchsanweisungen von Navigationsgeräten.
Daraus folgt, dass ein Navigationsgerät während der Fahrt von dem Fahrer eines Fahrzeugs grundsätzlich nur dazu genutzt werden darf, um zuvor gespeicherte Informationen automatisch anzeigen zu lassen.
„Denn die bloße Zulässigkeit der Installation und der Nutzung eines Gerätes in einem Pkw trifft noch keine Aussage über eine generelle Zulässigkeit jeglicher Nutzung in jeder Situation des Straßenverkehrs“, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.
Volle Haftung
So kann zum Beispiel auch das Anzünden einer Zigarette mithilfe eines zu einem Fahrzeug gehörenden Anzünders oder das Bedienen eines Autoradios dann als grob fahrlässig angesehen werden, wenn der Fahrer dadurch so stark abgelenkt wird, dass er dem Verkehrsgeschehen nicht mehr in ausreichender Weise folgen kann.
Mit anderen Worten: Der Fahrer eines Fahrzeuges darf während der Fahrt nur solche Tätigkeiten durchführen, die seine Wahrnehmung der Verkehrssituation insgesamt nicht beeinträchtigen.
Diesem Gebot war die Beklagte jedoch nicht gefolgt. Sie hat daher in vollem Umfang für den Schaden des Leihwagenunternehmens einzustehen. Für den Schaden an dem vorausfahrenden Fahrzeug ist der Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherer des Leihwagenvermieters zuständig. Der Versicherer hat auch keine Möglichkeit, die Beklagte in Regress zu nehmen.
(Quelle VersicherungsJournal 04.02.2010)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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