03.05.2010
Eine Frage des Beweises

Ordnet ein Polizeibeamter eine Blutprobe ohne Not selbst an, ohne zuvor den Versuch unternommen zu haben, einen Richter zu erreichen, so darf das Ergebnis der Blutuntersuchung in der Regel auch dann nicht verwertet werden, wenn es unter anderen Umständen zu einer Verurteilung des Beschuldigten geführt hätte. Mit dieser Entscheidung vom 26. Oktober 2009 hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht der Verurteilung eines Autofahrers widersprochen, dem vorgeworfen worden war, mit seinem Fahrzeug unter Einfluss von Drogen gefahren zu sein (Az.: 1 Ss OWi 92/09).
Der Kläger geriet im Sommer 2008 gegen 15:40 Uhr in eine Polizeikontrolle. Weil der Verdacht bestand, dass er unter Drogeneinfluss stand, wurde mit seiner Einwilligung am Ort der Kontrolle ein Schnelltest durchgeführt. Nachdem dessen Ergebnis positiv war, ordneten die Beamten gegen den erklärten Willen des Klägers eine Blutentnahme an.
Den Versuch, eine richterliche Anordnung zu erlangen, unternahm der die Blutprobe anordnende Polizeibeamte nicht. Weil durch die Blutprobe der Verdacht auf Drogenkonsum bestätigt wurde, wurde der Kläger vom Amtsgericht mit einem Bußgeld sowie einem Fahrverbot bestraft.
Verstoß gegen Strafprozessordnung
In seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde vor dem Oberlandesgericht Schleswig-Holstein machte der Kläger geltend, dass die Polizei in eklatanter Weise gegen § 81 a StPO (Strafprozessordnung) verstoßen hat, indem sie die Blutprobe selber anordnete, ohne zuvor eine richterliche Erlaubnis einzuholen. Er hielt seine Verurteilung daher für widerrechtlich.
Die Richter des Berufungsgerichts schlossen sich dieser Meinung an. Sie hoben die Entscheidung der Vorinstanz auf und sprachen den Kläger trotz nachgewiesener Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss frei.
Sache eines Richters
Die Anordnung der Entnahme einer Blutprobe steht nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung grundsätzlich nur einem Richter zu. Die Strafverfolgungs-Behörden müssen daher regelmäßig versuchen, die Anordnung des zuständigen Richters einzuholen, bevor sie selbst die Blutentnahme anordnen.
Nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch die mit der Einholung einer richterlichen Entscheidung einhergehenden Verzögerung darf auch ein Staatsanwaltschaft und nachrangig ein Polizeibeamter eine Blutentnahme anordnen.
Bei Verzicht auf eine richterliche Anordnung muss die Gefährdung des Untersuchungserfolgs mit Tatsachen begründe werden, die auf den Einzelfall bezogen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren sind, so das Gericht.
Das haben wir schon immer so gemacht…
Das aber war in dem zu entscheidenden Fall nicht geschehen. Der die Blutentnahme anordnende Polizeibeamte hatte sein Verhalten vielmehr damit erklärt, dass man auch in vergleichbaren Fällen so verfahren sei. Im Übrigen habe die Gefahr bestanden, dass das Untersuchungsergebnis durch eine verzögerte Blutentnahme verfälscht worden wäre.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wurde die Blutentnahme 45 Minuten nach der Polizeikontrolle, nämlich um 16:25 Uhr durchgeführt. Die Polizeibeamten hätten nach Meinung des Gerichts daher ausreichend Gelegenheit gehabt, eine richterliche Anordnung einzuholen, zumal sich der Vorfall an einem Werktag zu den üblichen Geschäftszeiten der Gerichte ereignete.
Nach all dem darf der durch die Blutprobe erbrachte Beweis, dass der Kläger unter Drogeneinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat, wegen des Fehlverhaltens der Polizei nicht verwertet werden. Der Kläger war daher freizusprechen.

(Quelle VersicherungsJournal 27.01.2010)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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