Ein Geschädigter ist im Rahmen seiner Schadenminderungs-Pflicht nicht dazu verpflichtet, sich zur Vermeidung eines Dauerschadens einer Operation zu unterziehen, um seine Schmerzensgeld-Ansprüche so gering wie möglich zu halten. Das hat das Landgericht Coburg mit einem am Freitag veröffentlichten rechtskräftigen Urteil vom 29. Juli 2009 entschieden (Az.: 21 O 205/09).
Der Entscheidung lag der Fall einer Klägerin zugrunde, die sich ihre Haare blondieren lassen wollte. Dabei trug die Mitarbeiterin des Frisiersalons einen Teil des Blondierungsmittels durch ein Versehen auf die Kopfhaut der Klägerin auf.
Infolge der dadurch verursachten Verätzung entstand am Hinterkopf der Klägerin eine kahle Stelle in der Größe von etwa fünf mal fünf Zentimeter, an welcher dauerhaft keine Haare mehr wachsen.
Der Betriebshaftpflicht-Versicherer des Frisiersalons erklärt zwar seine Eintrittsverpflichtung dem Grunde nach. Das von der Klägerin geforderte Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro hielt er jedoch für überhöht. Denn zur Vermeidung eines Dauerschadens könne sich die Geschädigte an der kahlen Stelle operativ Haare einpflanzen lassen. Der Versicherer zahlte vorgerichtlich daher nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro.
Verminderte Heiratschancen?
In ihrer gegen den Versicherer gerichteten Klage machte die Geschädigte geltend, dass durch die Verätzung ihrer Kopfhaut ihre Heiratschancen gemindert seien. Da sie außerdem unter starken Schmerzen gelitten hatte und etliche Male einen Hautarzt aufsuchen musste, hielt sie die Höhe ihrer Schmerzensgeld-Forderung für angemessen.
Doch dem wollten die Richter des Coburger Landgerichts nicht folgen. Sie gaben der Klage nur teilweise statt.
Nach Ansicht des Gerichts ist die Klägerin zur Vermeidung eines Dauerschadens grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, sich einer Haarimplantation zu unterziehen. Denn schließlich ist eine solche Maßnahme mit Operationsrisiken verbunden. Das Gericht ging zu Gunsten der Klägerin außerdem davon aus, dass sie unter starken Schmerzen gelitten hatte.
Ausgesprochen gut bedient
Die These der Klägerin, dass sie Schwierigkeiten haben dürfte, unter die Haube zu kommen, wollten die Richter jedoch nicht teilen. Die kahle Stelle auf der Kopfhaut ist nämlich nur zu erkennen, wenn man ihr Haar anhebt.
Nach all dem hielt das Gericht die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 Euro für angemessen. Die Richter betonten, dass die Klägerin damit ausgesprochen gut bedient ist. Denn bei Haarverletzungen würde nur in absoluten Ausnahmefällen ein Schmerzensgeld von mehr als 1.000 Euro zugesprochen.
Das wird durch eine Entscheidung des Amtsgerichts Erkelenz aus dem Jahr 2009 (Az.: 8 C 351/08) bestätigt. Auch in diesem Fall ging es um einen handwerklichen Fehler bei einer Blondierung. Trotz bleibender Haarschädigung wurden der seinerzeitigen Klägerin durch das Gericht jedoch lediglich 1.000 Euro Schmerzensgeld zugebilligt (VersicherungsJournal 5.8.2009).
(Quelle VersicherungsJournal 26.01.2010)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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