Eine Klausel in einem Versicherungsvertrag, nach welcher der Versicherer im Fall einer Krebserkrankung nur bei bestimmten Krebsarten Leistungen zu erbringen hat, ist weder überraschend noch unklar. Der Versicherer ist daher von der Leistung frei, wenn ein Versicherter an einer der ausgeschlossenen Krebsarten erkrankt, so das Oberlandesgericht Oldenburg in einem Beschluss vom 10. Dezember 2009 (Az.: 5 U 87/09).
Die Klägerin hatte bei dem beklagten Versicherer im Dezember 2003 einen Vertrag über eine Versicherung bei schweren Krankheiten abgeschlossen. Weil es sich bei Krebs um eine schwere Erkrankung handelt, ging sie davon aus, dass sämtliche Krebserkrankungen Gegenstand des Vertrages waren.
Der Teufel steckt im Detail
Doch offenkundig hatte sich die Frau die Versicherungs-Bedingungen nicht durchgelesen oder sie nicht richtig verstanden. Denn als sie im März 2007 an einer weniger gefährlichen Form des Brustkrebs erkrankte und ihren Versicherer um Leistungen bat, stieß sie auf taube Ohren.
In seinem Ablehnungsschreiben verwies der Versicherer die Klägerin auf eine Klausel in den AVB, in der es unter anderem hieß: „Ausgeschlossen sind weiterhin Carcinoma in situ und Tumore bei gleichzeitig bestehender HIV-Infektion.“
Da der Krebs, an welcher die Klägerin erkrankt war, zum Glück nicht streute, wollte der Versicherer nicht zahlen. Doch das wollte die Frau nicht einsehen.
Überraschende Klausel?
In ihrer gegen den Versicherer gerichteten Klage trug sie vor, dass sie beim Abschluss einer Versicherung für den Fall schwerer Krankheiten damit rechnen durfte, dass sämtliche Formen einer Krebserkrankung versichert seien. Der in den Versicherungs-Bedingungen formulierte Ausschluss sei daher im Sinne von § 305c BGB überraschend und somit nichtig.
Doch dem wollte das Gericht nicht folgen. Es wies die Klage als unbegründet zurück.
Nach Ansicht der Richter sind Allgemeine Versicherungs-Bedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an.
Keine Täuschung
Bei der Auslegung von Versicherungs-Bedingungen gilt grundsätzlich der allgemeine Sprachgebrauch. Werden Fachbegriffe, zum Beispiel aus der Medizin, außerhalb des allgemeinen Sprachgebrauchs verwendet, so ist auf deren fachwissenschaftliche Bedeutung abzustellen, so das Gericht.
Hätte sich die Klägerin aber darüber informiert, was unter dem Begriff „Carcinoma in situ“ zu verstehen ist, so wäre sie nach Meinung der Richter selbst bei oberflächlicher Recherche schnell zu der Erkenntnis gekommen, dass es sich dabei um das Frühstadium eines Tumors ohne eine Tendenz zur Metastasenbildung handelt.
Sie kann dem Versicherer folglich nicht mit Erfolg vorwerfen, sie bei Abschluss des Vertrages durch Verwendung einer angeblich unklaren Klausel getäuscht zu haben.
Ausdrücklicher Hinweis
In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Wie bereits das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, können Verträge der streitgegenständlichen Art über den Ein- oder Ausschluss bestimmter Krankheiten ohne die genaue Definition der jeweiligen Krankheiten nicht sinnvoll ausgestaltet werden.
Insbesondere kann für die Bestimmung des konkreten Versicherungsumfangs nicht etwa auf den allgemeinen Sprachgebrauch abgestellt werden. Zur sachgerechten Beurteilung ist es vielmehr erforderlich, auf die jeweils maßgebliche Definition im medizinischen Sinn zurückzugreifen. Dies muss umso mehr gelten, als der medizinische Laie regelmäßig nur recht vage Vorstellungen über die jeweilig betroffenen Krankheitsbilder haben dürfte.
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird daher von vornherein damit rechnen, dass sich in den AVB zunächst als primäre Leistungsbegrenzung die Definitionen der Krankheiten finden, für die das Leistungsversprechen des Versicherers grundsätzlich gelten soll. Ebenso wird er damit rechnen, dass sich als sekundäre Risikobegrenzung Ausschlüsse für bestimmte Konstellationen finden, wie es auch hier der Fall ist.“
Da sowohl bei Vertragsabschluss als auch im Versicherungsschein ausdrücklich auf die Versicherungs-Bedingungen verwiesen wurde, wurde die Klage als unbegründet zurückgewiesen.
(Quelle VersicherungsJournal 06.01.2010)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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