17.03.2010
Wenn die Krankenkasse ein teures Medikament ablehnt

Kassenpatienten müssen sich auch in für Krankenkassen wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht auf eine Behandlung mit einem Medikament verweisen lassen, das zwar wirksam und preisgünstig ist, für ihre Erkrankung aber nicht zugelassen wurde. Das hat das Sozialgericht Aachen mit einem gestern veröffentlichten Urteil vom 11. März 2010 entschieden (Az.: S 2 (15) KR 115/08 KN).
Der Entscheidung lag der Fall einer Versicherten zugrunde, die unter einer altersbedingten feuchten Makula-Degeneration (AMD) litt. Allein in Deutschland sind schätzungsweise zwei Millionen Menschen an einer solchen Degeneration erkrankt.
Teures Medikament
Die Krankheit führt zu einem schnellen Verlust des zentralen Sehens und kann unbehandelt eine Erblindung zur Folge haben. Für die Behandlung ist hierzulande derzeit ausschließlich ein Mittel namens Lucentis® zugelassen.
Doch Lucentis® ist teuer. Eine dreimalige Injektion des Medikaments, welche mindestens erforderlich ist, um auch nur ein halbwegs befriedigendes Ergebnis zu erzielen, kostet etwa 3.200 Euro. Die Krankenkasse der Klägerin lehnte es daher ab, die Kosten für die von ihr beabsichtigte Behandlung zu übernehmen.
Eine Frage der Zulassung
Die Kasse verwies die Frau vielmehr auf die Möglichkeit, sich mit Avastin® behandeln zu lassen, einem Krebsmittel, welches nur einen Bruchteil des Preises für Lucentis® kostet, nach Ansicht vieler Augenärzte aber ähnlich gut wirkt wie das teurere Medikament.
Die Versicherte bestand jedoch darauf, sich mit Lucentis® behandeln zu lassen und zog vor Gericht. Dort erlitt ihre Krankenkasse eine Niederlage.
Nach Ansicht des Gerichts kann ein Versicherter von seiner Krankenkasse nicht dazu gezwungen werden, sich mit einem Medikament behandeln zu lassen, welches für konkret seine Erkrankung nicht zugelassen ist. Das gilt auch dann, wenn sich das Medikament nach Meinung von Ärzten durchaus für die Behandlung eignet.
Kostenersparnis ist nicht alles
Die Richter würdigten zwar das Bestreben der Krankenkasse, angesichts stetig steigender Ausgaben im Gesundheitswesen ihre Ausgaben für Arzneimittel so gering wie möglich zu halten.
In dem zu entscheidenden Fall stehen dem jedoch die fehlende Zulassung des preisgünstigeren Medikaments und ein damit nicht völlig auszuschließendes Risiko für die Klägerin entgegen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Gericht eine Berufung beim Landessozialgericht zugelassen. Ob die unterlegene Krankenkasse von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird, stand bis zum Redaktionsschluss nicht fest.
(Quelle VersicherungsJournal 16.03.2010)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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