Einen Autofahrer, der beim Herannahen eines Einsatzfahrzeuges unaufgefordert eine bereits eingenommene neutrale Position verlässt, weil er glaubt, dem Fahrzeug so besser Platz machen zu können, trifft im Falle eines Unfalls die alleinige Verantwortung.
Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 20. März 2009 entschieden (Az.: 9 U 187/08).
Unglückliches Ausweichmanöver
Der Kläger war mit seinem Pkw auf einer zweispurigen innerstädtischen Straße unterwegs. Zwischen den beiden Fahrbahnen befand sich ein Mittelstreifen, der an manchen Stellen Ausweichmöglichkeiten bot.
Als sich auf der viel befahrenen Straße von hinten ein Notarztwagen näherte, der durch Blaulicht und Martinshorn auf sich aufmerksam machte, wich der Kläger auf den Mittelstreifen aus und blieb stehen. Kurz darauf bemerkte er jedoch, dass ein sich vor ihm befindlicher Kleintransporter noch immer die Fahrbahn blockierte.
Um dem Notarztwagen die Durchfahrt zu ermöglichen, wich der Kläger daher nach links auf die Gegenfahrbahn aus. Den Blinker seines Fahrzeuges betätigte er dabei nicht. Auf diese Fahrbahn war jedoch inzwischen auch der Notarztwagen ausgewichen. Weil sich dessen Fahrer darauf verlassen hatte, dass der Kläger seine ursprüngliche Position beibehalten werde, kam es zu einer Kollision der beiden Autos.
Verstoß gegen Straßenverkehrsordnung
Weil der Notarztwagenfahrer nach Meinung des Klägers angesichts des die Fahrbahn blockierenden Kleintransporters damit rechnen musste, dass er die Position seines Fahrzeuges verändern werde, forderte er dessen Kfz-Haftpflichtversicherer zur Zahlung von Schadenersatz auf.
Vergeblich. Denn wie bereits die Vorinstanz, wies auch das Oberlandesgericht Hamm die Klage des Pkw-Halters als unbegründet zurück.
Grundsätzlich, so das Gericht, war der Kläger gemäß § 38 Absatz 1 StVO dazu verpflichtet, dem herannahenden Notarztwagen Platz zu machen. Gegen diese Verpflichtung hat er aber verstoßen, als er den Mittelstreifen verließ und auf die Gegenfahrbahn fuhr.
Denn die Entscheidung, welchen Weg der Fahrer eines Einsatzfahrzeuges nimmt, obliegt allein ihm. Daher darf ein Wartepflichtiger, der den Weg frei geräumt hat, erst dann wieder seine Position verändern, wenn er sich sicher sein kann, dass er das in Einsatz befindliche Fahrzeug weder behindert noch gefährdet.
Unterlassene Abstimmung
Dadurch dass der Kläger zunächst auf den Mittelstreifen ausgewichen war, hat er dem Fahrer des Notarztwagens eindeutig zu erkennen gegeben, dass er ihn wahrgenommen hat und Platz schaffen wollte. Seiner Verpflichtung, die Fahrbahn zu räumen, war er vollständig nachgekommen. Aus Sicht des Notarztwagenfahrers war das Fahrzeug des Klägers neutralisiert.
Jede weitere Positionsveränderung hätte der Kläger mit dem Fahrer des Einsatzfahrzeuges abstimmen und auf jeden Fall durch rechtzeitige Betätigung des Blinkers anzeigen müssen. Da er dieses unterlassen hat, ist er allein für die Folgen des Unfalls verantwortlich zu machen.
Eine Revision gegen ihre Entscheidung ließen die Richter nicht zu.
(Quelle VersicherungsJournal 27.10.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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