Grundeigentümer, die von ihrem Grundstück aus eine Silvester-Rakete abschießen und dadurch ein Gebäude auf einem Nachbargrundstück in Brand setzen, sind nur dann zur Begleichung des Schadens verpflichtet, wenn ihnen ein Verschulden nachgewiesen werden kann.
Mit dieser Entscheidung vom 18. September 2009 (Az.: V ZR 75/08) hat der Bundesgerichtshof ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart aufgehoben, das einen Hobby-Feuerwerker unabhängig von der Frage des Verschuldens in die Verantwortung genommen hatte (VersicherungsJournal 9.1.2009).
Fehlgeleitete Rakete
Der Beklagte hatte am Silvesterabend auf seinem Wohngrundstück eine Leuchtrakete gezündet.
Diese stieg zunächst etwa fünf Meter gerade in die Höhe, schwenkte dann aber zur Seite und drang in eine kleine Spalte zwischen Außenwand und Dach einer etwa zwölf Meter entfernten, auf dem Nachbargrundstück befindliche Scheune ein. Dort explodierte die Rakete, wobei sie den gesamten Gebäudekomplex einschließlich Schweinestall, Wohnhaus und Garagen in Brand setzte.
Der Feuerversicherer des Anwesens regulierte den Schaden. Er forderte jedoch von dem Schadenverursacher den von ihm verauslagten Betrag in Höhe von fast 418.000 Euro zurück.
Nachdem das von dem Versicherer angerufene Landgericht die Klage mangels Verschuldens des unglücklichen Hobby-Feuerwerkers abgewiesen hatte, errang der Versicherer mit seiner Berufung beim Stuttgarter Oberlandesgericht einen Erfolg.
Nachbarschaftlicher Ausgleichsanspruch
Die Stuttgarter Richter konnten zwar ebenfalls kein Verschulden des Beklagten erkennen. Sie waren jedoch der Meinung, dass er aus dem Gesichtspunkt eines sogenannten nachbarschaftlichen Ausgleichsanspruchs gemäß § 906 Absatz 2 Satz 2 BGB für den durch die fehlgeleitete Sylvesterrakete verursachten Schaden zur Verantwortung gezogen werden kann.
Das sahen die Richter des Bundesgerichtshofs anders. Sie hoben die Entscheidung ihrer Stuttgarter Kollegen auf.
Nach Auffassung des Gerichts scheidet eine verschuldensunabhängige Haftung des Beklagten aus. Eine solche Haftung hätte nämlich nur dann bestanden, wenn der Schaden auf dem Nachbargrundstück auf eine typische Nutzung des Grundstücks des Beklagten zurückzuführen gewesen wäre.
Kein sachlicher Zusammenhang
Durch das Abschießen eines Feuerwerkskörpers, noch dazu an einem Sylvesterabend, kann jedoch nicht auf einen sachlichen Zusammenhang mit der Wohnnutzung des Grundstücks geschlossen werden. Das Feuerwerk diente vielmehr einem gesellschaftlichen Brauch, bei dem aus der Wahl des Abschussortes kein sachlicher Bezug zur Nutzung des Grundstücks des Beklagten hergestellt werden kann – so das Gericht.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Das Stuttgarter Oberlandesgericht wird nun erneut zu prüfen haben, ob den Beklagten angesichts der vorhandenen Öffnung am Gebäude des Nachbargrundstücks tatsächlich kein Verschulden an dem Vorfall trifft.
Da das Gericht diese Frage bereits einmal verneint hat, stehen die Chancen des Versicherers, doch noch an sein Geld zu kommen, wohl eher schlecht.
(Quelle VersicherungsJournal 22.09.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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