09.11.2009
Alles Müll

Wer aus seinem Auto aussteigen will, darf nicht darauf vertrauen, dass ein hinter seinem Fahrzeug haltendes Fahrzeug der Müllabfuhr Müll laden wird und so ausreichend Zeit zum Aussteigen bleibt.
Das hat das Kammergericht Berlin mit einem jetzt bekannt gewordenen Beschluss vom 6. März 2009 entschieden (Az.: 12 U 59/07).
Fatale Fehleinschätzung
Der Kläger hatte seinen Pkw ordnungsgemäß am rechten Straßenrand geparkt. Bevor er aussteigen wollte, bemerkte er bei einem Blick in den Rückspiegel, dass sich von hinten die Müllabfuhr näherte. Der Fahrer des Müllwagens hielt jedoch an. Daraus schloss der Kläger, dass die Besatzung des Fahrzeugs Müll kippen und ihm folglich genug Zeit zum Aussteigen bleiben werde.
Doch wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um eine fatale Fehleinschätzung. Denn als der Kläger aus seinem Auto aussteigen wollte, stieß der herannahende Müllwagen gegen die Fahrertür.
Zum Glück wurde der Kläger bei dem Zwischenfall nicht verletzt. Er verlangte jedoch von dem Entsorgungsbetrieb den Ersatz der Reparaturkosten an der Fahrzeugtür. Seine Forderung begründete der Kläger damit, dass er darauf vertrauen durfte, dass das haltende Müllfahrzeug seiner Entsorgungstätigkeit nachkommen und ihm so ausreichend Zeit bleiben werde, um gefahrlos aus seinem Pkw auszusteigen.
Falsches Vertrauen
Das sahen die Richter des Berliner Kammergerichts anders. In ihrem Beschluss vom 6.3.2009 wiesen sie den Kläger darauf hin, dass sie bei einer Weiterverfolgung des von ihm angestrengten Rechtsstreits die Klage als unbegründet abweisen werden.
Gemäß § 14 Absatz 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) hat sich derjenige, der aus einem Fahrzeug aus- beziehungsweise in ein Fahrzeug einsteigen will, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Hiergegen hat der Kläger nach Überzeugung des Gerichts verstoßen. Ihm war bewusst, dass sich von hinten ein Müllfahrzeug näherte, welches bei der Weiterfahrt seinen geparkten Pkw passieren würde. Der Kläger hätte sein Verhalten folglich darauf einstellen müssen.
Nach Ansicht des Gerichts durfte er keinesfalls darauf vertrauen, dass der Müllwagen wegen seiner Entsorgungstätigkeit anhalten und ihm folglich ausreichend Zeit zum Aussteigen bleiben werde. Denn schließlich gibt es eine Vielzahl von Gründen, die einen Fahrzeugführer dazu bewegen, für kürzere oder längere Zeit anzuhalten.
Eine Frage des Vorrangs
Auch das Argument des Klägers, der Fahrer des Müllfahrzeuges hätte aus der Tatsache, dass seine Ehefrau bereits zur Beifahrerseite hin ausgestiegen war, schließen müssen, dass auch er in Kürze aussteigen werde, ließ das Gericht nicht gelten.
Denn schließlich hat der fließende Verkehr gegenüber dem ruhenden Verkehr grundsätzlich Vorrang. Daraus folgt, dass keine Verpflichtung besteht, Personen das Aussteigen aus einem geparkten Fahrzeug zu ermöglichen.
Der Fahrer des Müllfahrzeuges durfte vielmehr darauf vertrauen, dass ihm beim Passieren des parkenden Pkw Vorrang eingeräumt werde.
Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.

(Quelle VersicherungsJournal 23.09.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de