21.09.2009
Bitte nicht stören

Bestehen keinerlei Hinweise für einen Notfall, so ist ein Reiseveranstalter trotz Bitten des Ehegatten eines Alleinreisenden nicht dazu verpflichtet, ein an einer Hoteltür befindliches Schild „Bitte nicht stören“ zu ignorieren.
Stellt sich später heraus, dass der Reisende in eine akute medizinische Notlage geraten ist und wegen des Schildes erst später behandelt werden konnte, so ist der Reiseveranstalter nicht zum Schadenersatz verpflichtet, so das Landgericht Frankfurt / Main in einer Entscheidung vom 9. Januar 2009 (Az.: 2-19 O 153/08).
Ausbleibender Anruf
Die Klägerin hatte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise nach Ägypten gebucht. Sie war ohne ihren Ehemann verreist. Diesen rief sie jedoch jeden Abend an, um sich mit ihm über die Ereignisse des Tages zu unterhalten.
Als der übliche Anruf ausblieb, wurde ihr Mann unruhig. Er rief daher mehrfach im Hotel an und bat darum, im Zimmer seiner Frau nachzuschauen, ob ihr etwas zugestoßen sei. Mit Hinweis darauf, dass an der Zimmertür ein „Bitte nicht stören“-Schild angebracht war, lehnte es der Hotelier ab, der Bitte nachzukommen.
Das Personal schob vielmehr einen Zettel unter der Tür hindurch auf dem die Frau darum gebeten wurde, ihren Mann zurückzurufen.
Akutes Nierenversagen
Erst nach zwei Tagen wurde auch das Hotelpersonal unruhig. Als man das Zimmer schließlich öffnet, stellte sich heraus, dass die Klägerin wegen eines akuten Nierenversagens ins Koma gefallen war. Nach ihrer Genesung verklagte sie den Reisveranstalter auf Zahlung von Schadenersatz. Sie wollte außerdem den Reisepreis mindern.
Doch die Klage blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht der Frankfurter Richter geht die Fürsorgepflicht eines Reiseveranstalters beziehungsweise Hoteliers nicht so weit, dass er einen deutlichen Hinweis eines Reisenden, nicht gestört werden zu wollen, ohne Weiteres ignorieren darf. Das gilt auch dann, wenn der Ehepartner des Reisenden Entsprechendes verlangt.
Amouröses Abenteuer?
Allein die Tatsache, dass ein Reisender telefonisch nicht erreichbar ist, stellt nach Auffassung des Gerichts kein Indiz dafür dar, dass ihm etwas zugestoßen ist.
Es wäre vielmehr als ein nicht zu akzeptierender massiver Eingriff in die Privatsphäre eines Hotelgastes zu werten, wenn seine Bitte, nicht gestört werden zu wollen, ignoriert würde.
Denn schließlich sei es durchaus nicht unüblich, dass sich Alleinreisende mit einer Urlaubsbekanntschaft zurückziehen würden. Anrufe besorgter Ehegatten beim Hotelpersonal sind in so einer Situation durchaus an der Tagesordnung, so das Gericht.
(Quelle VersicherungsJournal 15.07.2009)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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