Wer einem Kind auf einem Kinderspielplatz hilft, weil sich das Kind in einer Notsituation befindet, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn er bei der Aktion verletzt wird. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit einem am Montag veröffentlichten Urteil vom 27. Januar 2009 entschieden (Az.: L 15 U 37/08).
Der Entscheidung lag die Klage eines 14-Jährigen zugrunde, der auf einem Spielplatz einem in Not geratenen, fünfjährigen Mädchen helfen wollte. Das Mädchen war hinter einen Metallzaun auf ein neben dem Spielplatz befindliches Betriebsgelände geraten und kam aus eigener Kraft nicht wieder auf den höher gelegenen Spielplatz zurück.
In Absprache mit der Mutter des Kindes versuchte der Junge, das laut weinende Mädchen wieder auf den Spielplatz zu bringen. Dazu kletterte er auf das Nachbargelände. Es gelang dem jungen Helfer zwar, das Mädchen über den Zaun zu bugsieren. Doch als er anschließend selber wieder über den Zaun klettern wollte, blieb er unglücklich mit der Hand hängen. Dabei verletzte er sich so schwer, dass ihm der rechte Mittelfinger amputiert werden musste.
Tätigkeit als Nothelfer
Die Eltern des Kindes waren der Ansicht, dass der Junge als Nothelfer im Sinne von § 2 Absatz 1 Nr. 13a SGB VII agiert hatte und daher bei seiner Aktion unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Sie forderten für ihn daher die Zahlung einer Unfallrente.
Dem schloss sich das Sozialgericht Düsseldorf an. In einer Entscheidung vom 15. Januar 2008 (Az.: S 16 U 150/06) verurteilte das Gericht die zuständige Berufsgenossenschaft dazu, für den Vorfall Versicherungsschutz zu gewähren.
Das von der Berufsgenossenschaft in Berufung angerufene Landessozialgericht war jedoch anderer Meinung. Nach Ansicht der Richter habe der junge Helfer nicht annehmen können, dass eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für die körperliche oder seelische Gesundheit des Mädchens bestanden habe. Das aber setze das Gesetz voraus. Sie hielten daher die Urteilsbegründung der Vorinstanz für falsch.
Revision beim Bundessozialgericht zugelassen
Die Richter gaben der Klage des Jungen gleichwohl statt. Denn nach ihrer Überzeugung war der 14-Jährige mit seiner Hilfsaktion für die Mutter des Mädchens wie ein abhängig Beschäftigter im Sinne von § 2 Absatz 2 in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Nr. 1 SGB VII tätig geworden.
Die kurze Dauer und der geringe wirtschaftliche Wert der Hilfeleistung stehen dem nach Ansicht der Richter nicht entgegen. Denn die Aktion des Jungen ging in Art und Umfang deutlich über unversicherte Hilfsleistungen wie etwa Anschwung auf einer Schaukel geben, Auffangen eines Kindes nach einem Sprung oder Trösten eines Kleinkindes nach einem Sturz deutlich hinaus.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat das Gericht eine Revision beim Bundessozialgericht zugelassen. Ob die Berufsgenossenschaft von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird, war leider nicht zu erfahren.
(Quelle VersicherungsJournal 29.04.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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