24.08.2009
Künstliche Befruchtung: Darf es ein wenig mehr sein?

Auch wenn im Rahmen einer künstlichen Befruchtung mehr Eizellen befruchtet worden sind als zur optimalen Erreichung einer Schwangerschaft erforderlich sind, hat ein privater Krankenversicherer die Kosten der gesamten Maßnahme zu zahlen.
Das hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 18. Februar 2009 entschieden (Az.: 23 O 51/08).
Streit um 15 Eizellen
Der Kläger war privat krankenversichert. Wegen einer bei ihm bestehenden organischen Sterilität ließ er im Sommer 2007 gemeinsam mit seiner Ehefrau eine künstliche Befruchtung (ICSI-IVF-Behandlung) durchführen, an deren glücklichem Ende eine Zwillingsschwangerschaft stand.
Doch das junge Familienglück wurde schon bald getrübt. Denn der Krankenversicherer des Klägers wollte nur die Kosten für die künstliche Befruchtung von sechs Eizellen bezahlen. Denn nur das war nach Meinung des Versicherers aus medizinischer Sicht notwendig. Tatsächlich waren aber 21 Zellen befruchtet worden.
Dadurch ergab sich ein Differenzbetrag von mehr als 5.500 Euro, welchen die junge Familie selber übernehmen sollte.
Erhebliche Steigerung der Erfolgsaussichten
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage hatte der frisch gebackene Familienvater Erfolg.
Das Gericht zeigte sich überzeugt davon, dass auch die künstliche Befruchtung der übrigen Eizellen medizinisch notwendig war. Denn von einer medizinischen Notwendigkeit ist immer dann auszugehen, wenn sie „sowohl in begründeter und nachvollziehbarer wie wissenschaftlich fundierter Vorgehensweise das zugrunde liegende Leiden diagnostisch hinreichend erfasst und eine ihm adäquate, geeignete Therapie anwendet“ – so das Gericht wörtlich in seiner Urteilsbegründung.
Ein vom Gericht befragter medizinischer Sachverständiger hatte ausgesagt, dass im Rahmen einer Hormonbehandlung angestrebt wird, circa zehn Eizellen zu gewinnen. In einem Bericht des IVF-Registers aus dem Jahr 2005 ist sogar von zehn bis 15 befruchteten Zellen zur optimalen Erreichung einer Schwangerschaft die Rede.
Der Sachverständige bestätigte daher auch, dass die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Behandlung mit einer größeren Zahl befruchtungsfähiger Eizellen erheblich steigt.
Unbotmäßiges Verlangen
Nach all dem wäre es nach Überzeugung des Gerichts in dem zu entscheidenden Fall völlig willkürlich und nach medizinischen Kriterien nicht zu begründen gewesen, von den gewonnenen 21 Zellen, wie von dem Versicherer verlangt, lediglich sechs zu befruchten.
Der private Krankenversicherer wurde daher dazu verurteilt, den noch offenen Differenzbetrag zu bezahlen.
(Quelle VersicherungsJournal 22.04.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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