Die Bestellung eines eigenen Rechtsanwalts begründet eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, wenn er damit die Prozessführung seines Haftpflichtversicherers „durchkreuzt“, so das Landgericht Dortmund in einer Entscheidung vom 29. Januar 2009 (Az.: 2 S 33/08).
Der Beklagte hatte bei dem klagenden Versicherer eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen. In den dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungs-Bedingungen hieß es unter anderem: „Wenn es zu einem Rechtsstreit kommt, hat der Versicherungsnehmer die Führung eines Rechtsstreites dem Versicherer zu überlassen und dem vom Versicherer bestellten Anwalt Vollmacht und jede verlangte Aufklärung zu geben.“
Klagerücknahme
Im Juli 2006 wurde das Fahrzeug des Versicherten in einen Unfall verwickelt. Darüber, wer den Unfall verschuldet hatte, bestand Uneinigkeit. Der Versicherte des Beklagten lehnte es daher zunächst ab, den gegnerischen Forderungen nachzugeben.
Der Unfallgegner reichte daraufhin Klage ein. Der Beklagte war darüber offenbar so empört, dass er einen Anwalt beauftragte. Sein Versicherer entschloss sich jedoch dazu, keinen Rechtsstreit zu riskieren, sondern den gegnerischen Forderungen nachzugeben.
Der Anwalt des Unfallgegners nahm daraufhin die Klage zurück. Im Gegenzug versprach der Versicherer, bei Gericht keinen Kostenantrag zu stellen.
Doch das hinderte den vom Versicherungsnehmer beauftragte Anwalt nicht daran, seinerseits einen Kostenantrag zu stellen mit der Folge, dass dem Versicherer letztlich die Kosten in Höhe von rund 900 Euro aufgebürdet wurden.
Uneingeschränkte Vollmacht
Diesen Betrag forderte er von seinem Versicherten auf dem Wege des Regresses zurück. Er warf ihm vor, durch die Beauftragung eines eigenen Anwalts die Prozessführung durchkreuzt und so gegen seine vertraglichen Obliegenheiten verstoßen zu haben.
Zu Recht, meinten die Richter des Dortmunder Landgerichts. Sie gaben der Klage des Versicherers gegen seinen Versicherungsnehmer statt.
Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich aus dem Wortlaut der Versicherungs-Bedingungen eine uneingeschränkte Vollmacht des Versicherers zur Abgabe der erforderlichen Erklärungen mit bindender Wirkung auch gegenüber dem Versicherungsnehmer.
Eigene Interessen
Die im zu entscheidenden Fall abgegebene Erklärung des Versicherers, im Falle einer Klagerücknahme keinen Kostenantrag stellen zu wollen, war daher auch für den Versicherungsnehmer bindend.
Allein die Tatsache, dass der Beklagte einen eigenen Anwalt beauftragt hat, stellt nach Überzeugung des Gerichts zwar noch keine Obliegenheitsverletzung dar. Eine solche liegt jedoch vor, wenn mit der Bestellung eines Anwalts die Prozessführung des Versicherers durchkreuzt wird.
So war es auch in der vorliegenden Sache, denn der Versicherungsnehmer verfolgte mit der Beauftragung des Anwalts eigene Interessen, die denen seines Versicherers zuwider liefen. Er ist dem Versicherer daher zum Ersatz des ihm dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Eine Revision gegen die Entscheidung ließ das Gericht nicht zu.
(Quelle VersicherungsJournal 04.06.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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