03.08.2009
Mit Schwung in die Garage

Ein Versicherungsnehmer, der seinem Kaskoversicherer gegenüber offenkundig falsche Angaben zur Ursache der Beschädigung seines Fahrzeugs macht, hat wegen vorsätzlicher Verletzung seiner Aufklärungspflicht keinen Anspruch auf eine Entschädigung.
Wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 5. November 2008 zeigt, kann das auch bei vermeintlich harmlosen Lügen gelten (Az.: 3 U 27/08).
Vom Bremspedal abgerutscht?
Der Kläger hatte für seinen Mercedes SLK 200 eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Das Fahrzeug wurde bei einem selbstverschuldeten Unfall des Klägers erheblich beschädigt.
In seiner Schadenanzeige, welcher eine detaillierte Unfallskizze beigefügt war, gab der Kläger an, bei Einfahrt in seine Garage vom Bremspedal abgerutscht und so gegen einen an der Rückwand der Garage stehenden Rasenmäher gestoßen zu sein.
Nach einer Besichtigung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen des Versicherers kam dieser zu dem Ergebnis, dass sich der Unfall unmöglich so wie von dem Versicherten geschildert ereignet haben konnte.
Denn sollte sich der Zwischenfall tatsächlich in der Garage ereignet haben, wäre das Schadenbild nur dann zu erklären gewesen, wenn der Kläger das Gaspedal des versicherten Fahrzeuges voll durchgetreten hätte.
Vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht
Der Versicherer versagte dem Versicherungsnehmer daher wegen vorsätzlicher Verletzung seiner Aufklärungspflicht den Versicherungsschutz.
Dem stimmten die Richter des OLG Brandenburg nach Anhörung eines weiteren Sachverständigen zu. Sie wiesen die Klage des Mercedes-Besitzers gegen seinen Kaskoversicherer als unbegründet zurück.
Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hatte das Ermittlungsergebnis des von dem Versicherer beauftragten Gutachters im Wesentlichen bestätigt. Danach waren die Beschädigungen an dem Fahrzeug tatsächlich nur so zu erklären, dass der Kläger nicht etwa vom Bremspedal abgerutscht, sondern aus welchen Gründen auch immer mit Vollgas in die Garage gefahren war.
Irreführend und unvollständig
In der Schadenanzeige hatte er zur Unfallursache jedoch „Kollision beim Abrutschen vom Bremspedal“ angegeben. Diese Aussage hielt das Gericht für in hohem Maße irreführend und unvollständig.
Nach Ansicht der Richter musste der Versicherer nämlich davon ausgehen, dass sich der Versicherte innerhalb seiner Garage allenfalls mit Schrittgeschwindigkeit fortbewegte. Das aber war nachweislich der Sachverständigen-Gutachten nicht der Fall.
Seine nachträgliche Behauptung, offensichtlich versehentlich auf das Gaspedal geraten zu sein, konnte den Kläger ebenfalls nicht entlasten. Denn er wurde bereits in der Schadenanzeige über die Folgen falscher oder unvollständiger Angaben aufgeklärt.
Da die Falschangaben des Klägers in erheblichem Maße die Interessen des Versicherers gefährdet haben, hat er nach Meinung des Gerichts zu Recht die Regulierung des Schadens abgelehnt.
Andere Entscheidung nach VVG-Reform?
Die Entscheidung beruht auf den Bestimmungen des alten Versicherungsvertrags-Gesetzes (VVG). Bei Anwendung des neuen VVG wäre der Klage möglicherweise stattgegeben worden.
Denn hätte der Versicherungsnehmer nachweisen können, dass seine Falschangaben weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die des Umfangs des Schadens von Bedeutung waren, hätte der Versicherer wohl leisten müssen.

(Quelle VersicherungsJournal 14.05.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de