29.06.2009
Nasen- und Beinbruch statt gute Reise

Ein Nasenbeinbruch ist in der Regel keine schwere Erkrankung, welche die Stornierung einer Reise erforderlich macht. Kommt es einige Zeit später zu unerwarteten Komplikationen, die dazu führen, dass die Reise nicht angetreten werden kann, so kann sich ein Reiserücktrittskosten-Versicherer nicht auf teilweise Leistungsfreiheit wegen verspäteter Meldung berufen.
Das hat das Amtsgericht München mit einem am Montag veröffentlichten Urteil vom 11. September 2008 entschieden (Az.: 275 C 9001/08).
Folgenreiche Sportverletzung
Der Kläger hatte im Januar 2007 für sich und seine Familie für den Herbst des gleichen Jahres eine Reise nach Tunesien gebucht. Etwas mehr als eine Woche vor dem geplanten Abflug erlitt sein elfjähriger Sohn beim Sport einen Nasenbeinbruch.
Die Verletzung wurde ambulant versorgt. Operative Maßnahmen hielt die behandelnde Ärztin hingegen für nicht erforderlich. Erst bei einer Nachuntersuchung kurz vor dem Abflug stellte sich heraus, dass doch operiert werden musste.
Der Kläger stornierte daher noch am gleichen Tag die Reise. Die Stornokosten in Höhe von rund 2.900 Euro machte er anschließend gegenüber seinem Reiserücktrittskosten-Versicherer geltend.
Verstoß gegen Schadenminderungs-Pflicht?
Doch dieser hielt dem Versicherten vor, gegen seine Schadenminderungs-Pflicht verstoßen zu haben, weil er die Reise nicht bereits am Tag des Sportunfalls seines Sohns storniert hatte. Denn dann wären nur Stornokosten in Höhe von knapp 1.700 Euro angefallen.
Dieser Betrag wurde dem Kläger abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung überwiesen. Doch der Versicherte war sich keines Fehlverhaltens bewusst. Er zog daher gegen den Reiserücktrittskosten-Versicherer vor Gericht.
Mit Erfolg. Das Münchener Amtsgericht verurteilte den Versicherer zur Zahlung des noch offenen Differenzbetrages.
Von der Bagatelle zu einer schweren Erkrankung
Nach Ansicht des Gerichts hätte der Kläger die Reise nur dann unverzüglich stornieren müssen, wenn ein Familienangehöriger von einer unerwartet schweren Erkrankung betroffen worden wäre. Das aber war bei dem Nasenbeinbruch seines Sohnes zumindest zu Anfang nicht der Fall.
Denn ein solcher Bruch erfordert in der Regel keine komplizierte Nachbehandlung oder gar eine Operation, sodass es keinerlei Hinweise darauf gab, dass die Reise nicht angetreten werden konnte.
Ein Grund für einen Rücktritt von der Reise lag erst in dem Augenblick vor, als sich unerwartet herausstellte, dass doch eine Operation erforderlich wurde. Erst dadurch wurde die Sache zu einer schweren Erkrankung, die eine Leistungspflicht des Reiserücktrittskosten-Versicherers auslöste.
Regelmäßiger Streit
Da der Kläger die Reise noch an dem Tag, als er von der Komplikation erfuhr, storniert hat, trifft ihn der Vorwurf zu Unrecht, gegen seine Schadenminderungs-Pflicht verstoßen zu haben.
Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Um die Frage, wann eine Reise storniert werden muss, um Ansprüche aus einer Reiserücktrittskosten-Versicherung gelten machen zu können, kommt es regelmäßig zum Streit. Doch nur selten entscheiden die Gerichte zugunsten der Versicherten (VersicherungsJournal 11.12.2007 und 3.6.2008).

(Quelle VersicherungsJournal 08.04.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de