Der Betreiber eines Einkaufzentrums ist nicht dazu verpflichtet, über die normale Verkehrssicherungs-Pflicht hinausgehende Vorkehrungen zu treffen, um Kleinkinder vor Schäden zu schützen. Kommt ein Kleinkind zu Schaden, weil es nicht lückenlos von den Eltern beaufsichtigt wurde, so haften diese für den Unfall selbst.
Das hat das Amtsgericht München mit einem am Montag veröffentlichten Urteil vom 8. Dezember 2008 entschieden (Az.: 233 C 11364/08).
Verhängnisvoller Pfosten
Die Kläger hielten sich am Nikolaustag des Jahres 2007 mit ihrer zweijährigen Tochter in einem Münchener Kaufhaus auf. Im Erdgeschoss wurde für Kinder eine Weihnachts-Bastelstube angeboten, in welcher Kinder zu bestimmten Zeiten unter Aufsicht nach Herzenslust backen und basteln konnten.
Die vier Zugänge zu der Bastelstube wurden mit jeweils zwei beweglichen Metallpfosten versperrt, zwischen denen sich ein dickes Seil befand. Die Pfosten selbst befanden sich in einem großen runden Metallfuß.
Als die Kläger die Bastelstube mit ihrer Tochter erreichten, war es für eine Teilnahme an dem Kinderspaß zu spät. Sie konnten dem Personal lediglich bei den Aufräumarbeiten zusehen. Dabei fing die Zweijährige an, mit einem der zwischen den Absperrpfosten hängenden Seilen zu spielen. Doch das Kind übertrieb sein Spiel. Daher fiel einer der Pfosten um, wodurch das Mädchen an der Hand verletzt wurde.
Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht?
Die Eltern des Kindes warfen dem Betreiber des Einkaufszentrums vor, seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt zu haben. Sie forderten ihn daher zu Zahlung von Schmerzensgeld sowie der Arztkosten auf – zu Unrecht, wie das Münchener Amtsgericht befand. Es wies die Klage der Eltern als unbegründet zurück.
Nach Ansicht des Gerichts war der Betreiber des Einkaufszentrums nicht dazu verpflichtet, besondere Sicherungsvorkehrungen für Kleinkinder zu treffen. Er musste nicht damit rechnen, dass die Tochter der Kläger den normalerweise standfesten Absperrpfosten zum Umstürzen bringen würde.
„Obwohl Kleinkindern die Einsicht in die Notwendigkeit der Respektierung von Absperrmaßnahmen fehlt und somit die nicht fernliegende Möglichkeit besteht, dass sie diese als Spielgerät missbrauchen, durfte der Beklagte darauf vertrauen, dass sich die begleitenden Eltern um ihr Kind kümmern“, so das Gericht.
Ständige Aufsicht
Denn es ist allgemein bekannt, dass Kinder dieses Alters einer ständigen Aufsicht bedürfen, damit sie sich nicht Gefahren ihrer Umgebung aussetzen, die sie aufgrund ihrer Unerfahrenheit noch nicht erkennen und beherrschen können.
Zur Abwehr solcher Gefahren, die für andere gegebenenfalls gänzlich ungefährlich sind, sind aber zu allererst die Aufsichtspflichtigen zuständig. Im zu entscheidenden Fall hatten die Eltern unmittelbar neben ihrer Tochter gestanden und deren Treiben zugeschaut.
Sie wären daher zum Eingreifen verpflichtet gewesen, um so das Kind und mögliche andere Personen vor Schäden zu schützen. Das aber haben sie versäumt. Sie können daher nicht den Betreiber des Einkaufszentrums für ihr eigenes Versagen verantwortlich machen.
Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.
(Quelle Versicherungsjournal 18.03.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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