Bestätigt ein Arzt einem Versicherten lediglich den Dauerschaden eines Beins, ohne dabei eine dadurch verursachte Invalidität von Organen wie Blase und Penis zu erwähnen, so hat ein Versicherter für diese Dauerschäden nur dann Anspruch auf Leistungen seines Unfallversicherers, wenn er die zusätzlichen Schädigungen im Rahmen der Meldefristen belegt. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 15. Januar 2009 entschieden (Az.: 12 U 167/08).
Der Kläger hatte bei der Beklagten eine private Unfallversicherung abgeschlossen. Am 2.12.2002 erlitt er bei Baumfällarbeiten einen schweren Unfall. Dabei wurde sein rechtes Bein so stark verletzt, dass ein erheblicher Dauerschaden zurückblieb.
Der Kläger zeigte dem Versicherer den Unfall an und überließ ihm in der Folgezeit mehrere ärztliche Bescheinigungen, aus denen hervorging, dass mit einer dauerhaften Schädigung des Beines zu rechnen sei. Von einer unfallbedingten Schädigung der Blase sowie einer durch den Unfall verursachten Impotenz war in den Attesten keine Rede.
Mit Schreiben vom 3.2.2003 teilte ihm sein Versicherer mit, dass eine Invalidität spätestens vor Ablauf von 18 Monaten, gerechnet vom Unfalltag, geltend gemacht werden muss.
Wahrung der Fristen, aber …
Nach einer Klage des Versicherungsnehmers gegen seinen Versicherer, der lediglich dazu bereit war, ihm wegen angeblich verspäteter Einreichung des ärztlichen Schlussberichts eine Kulanzzahlung in Höhe von 5.000 Euro zuzubilligen, wurde der Versicherer vom Landgericht dazu verurteilt, dem Kläger hinsichtlich der Schädigung des rechten Beines etwas mehr als 73.000 Euro zu zahlen.
Das Landgericht war der Auffassung, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten war und innerhalb von 18 Monaten nach dem Ereignis von einem Arzt schriftlich festgestellt und bei dem Versicherer geltend gemacht wurde. Der Versicherte hatte daher die bedingungsgemäßen Fristen gewahrt.
Die weiterreichende Klage des Versicherten auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer in Folge der Schädigung des Beins eingetretenen Blasenfunktionsstörung sowie einer erektilen Dysfunktion, welche nach dem Attest eine neurologischen Sachverständigen mit einer Invalidität von 20 Prozent zu bewerten waren, wurde vom Gericht als unbegründet zurückgewiesen. Denn nach Ansicht der Richter waren die diesbezüglichen ärztlichen Feststellungen nicht fristgerecht erfolgte.
Keine ausreichenden Feststellungen
Mit seiner gegen diese Entscheidung beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingereichten Revision hatte der Kläger keinen Erfolg.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die ärztlichen Feststellungen im Schlussbericht („Das Bein ist 2 cm länger … Die Funktionalität ist beeinträchtigt … Der Patient hat Schmerzen bei Belastung und befindet sich noch in ärztlicher Behandlung …“) nicht ausreichend waren, um die Anspruchs-Voraussetzungen auch im Hinblick auf die weiteren Beeinträchtigungen des Klägers zu erfüllen.
Selbst wenn diese, wie von dem Kläger behauptet und unter Beweis gestellt, durch Nervschädigungen hervorgerufen worden sind, die eine unmittelbare Folge des Unfalls waren, handelt es sich dabei um weitere, in den fristgerecht vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht aufgeführte Dauerschäden, die zusätzlich zu den genannten, ausschließlich das Bein selbst betreffenden Dauerschädigungen vorliegen, so das Gericht.
Zu spät
Die Blasenentleerungs-Störung und die Impotenz als Invalidität begründende Dauerschäden waren hingegen nicht im Rahmen der in den Versicherungs-Bedingungen vorgegebenen Fristen ärztlich festgestellt worden.
Aufgrund der ihm vorgelegten Atteste hatte der Versicherer auch keine Veranlassung, über die das Bein betreffenden Unfallfolgen hinaus eine weitergehende Beeinträchtigung abzuklären, so das Gericht.
Die durch den Unfall verursachten Schädigungen von Penis und Blase sind daher nicht fristgerecht geltend gemacht worden. Aus diesem Grund durfte der Versicherer zu Recht Leistungen für diese Dauerschädigungen verweigern.
Die Entscheidung kann im Volltext auf den Internetseiten des Gerichts nachgelesen werden.
(Quelle VersicherungsJournal 09.03.2009)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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