27.04.2009
Wann gilt ein Unfall als Unfall?

Ein bloßes Erschrecken und ein unmittelbar darauf beruhender Sturz infolge einer ungeschickten Eigenbewegung stellt keinen Unfall im Sinne der Unfallversicherungs-Bedingungen dar. Das hat das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 15. Januar 2009 entschieden (Az.: 8 U 131/08).
Der Kläger war während seines Skiurlaubs auf die linke Schulter gefallen. Wie sich später herausstellte, hatte er sich dabei so schwer verletzt, dass es zu einem Dauerschaden kam.
Nach Zeugenaussagen war es zu dem Unfall gekommen, als ein anderer, von oben kommender Skifahrer dicht an dem Kläger vorbeifuhr. Es kam zwar zu keiner Berührung der beiden Skiläufer. Wegen des Schrecks fiel der Kläger jedoch nach links um, wobei er sich die Schulter verletzte.
Der Unfallversicherer des Klägers lehnte es ab, ihm eine Invaliditäts-Entschädigung zu zahlen. Nach Ansicht des Versicherers war die Verletzung Folge einer ungeschickten Bewegung und somit nicht als Unfall im Sinne der Versicherungs-Bedingungen zu werten.
Schreck oder Ausweichbewegung?
Der Versicherte war anderer Meinung. In einem gegen seinen Versicherer angestrengten Rechtsstreit vertrat er die Auffassung, dass es keinen Unterschied macht, ob er durch einen Zusammenprall oder durch eine spontane Ausweichbewegung, welche den Zusammenprall verhindern sollte, verletzt wurde.
Doch dem wollten die Richter nicht folgen. Sie wiesen die Klage des Versicherten als unbegründet zurück.
In seiner Urteilsbegründung erinnerte das Gericht zunächst an den Wortlaut der Versicherungs-Bedingungen, in denen es heißt, dass ein Unfall im Sinne der Bedingungen dann vorliegt, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Dabei, so die Richter, muss es sich grundsätzlich um ein Einwirken der Außenwelt (Person oder Sache) in Form eines Zusammenstoßes auf den Körper des Versicherten handeln.
Eigenes Ungeschick
Mit anderen Worten: Die entscheidende Verletzungsursache muss immer der irreguläre Zustand der Außenwelt, nicht dagegen das eigene Ungeschick des Versicherten sein. Denn andernfalls wäre jede Verletzung durch eine ungeschickte Bewegung als Unfall anzusehen. Das aber ist mit dem Unfallbegriff der Versicherungs-Bedingungen nicht vereinbar, so das Gericht.
Daher kann nach Auffassung der Richter das schlichte Umfallen des Klägers infolge seines Schrecks und der damit verbundenen Eigenbewegung nicht als Unfall im Sinne der Bedingungen angesehen werden.
Wäre der Kläger dem anderen Skifahrer bewusst ausgewichen und dabei zu Fall gekommen, hätte der Fall zu seinen Gunsten entschieden werden müssen. Eine solche Ausweichbewegung wurde jedoch durch mehrere Zeuginnen widerlegt, die samt und sonders ausgesagt hatten, dass der Kläger schlichtweg aus Schreck umgefallen war.
Eine Revision gegen die Entscheidung ließ das Gericht nicht zu. Das Urteil ist mit einer Reihe von Beispielen zur Definition des Unfallbegriffs gespickt. Die Entscheidung kann auf den Internetseiten des Gerichts im Wortlaut nachgelesen werden.

(Quelle VersicherungsJournal 26.02.2009)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de