Ein Autofahrer, der einem rechts am Waldesrand stehenden Reh ausweicht, um eine denkbare Kollision zu vermeiden, steht in der Regel auch dann unter dem Schutz der Teilkaskoversicherung, wenn es zu keiner Berührung mit dem Tier kommt.
Das hat das Amtsgericht München mit einem am vergangenen Montag veröffentlichten Urteil vom 11. Juli 2008 entschieden (Az.: 345 C 3874/08).
Überflüssiges Fahrmanöver?
Die Tochter des Klägers fuhr mit dessen Pkw durch ein Waldgebiet, als sie am rechten Fahrbahnrand einer Rechtskurve ein Reh erblickte. Aus Angst vor einer möglichen Kollision steuerte sie das Fahrzeug nach links. Dabei kam es ins Schleudern und prallte ins Unterholz.
Der Teilkaskoversicherer des Klägers war der Meinung, dass das Ausweichmanöver auch nicht aus dem Gesichtspunkt, das Fahrzeug vor möglichen Schäden bewahren zu müssen, erforderlich war, weil das Reh nicht auf der Fahrbahn gestanden hatte.
Er lehnte es daher ab, die Reparaturkosten von mehr als 4.500 Euro zu ersetzen.
Ersatz als Rettungskosten
Mit seiner gegen den Versicherer eingereichten Klage hatte der Fahrzeugbesitzer Erfolg. Obwohl es zu keiner Berührung mit dem Reh gekommen ist, muss der Versicherer den Schaden als sogenannte Rettungskosten ersetzen.
Nach Ansicht des Gerichts drohte zwar kein unmittelbarer Zusammenstoß mit dem Reh. Ein Anspruch gegen einen Teilkaskoversicherer besteht jedoch auch dann, wenn der Fahrer eines Fahrzeuges ein Ausweichmanöver für geboten halten durfte.
Das war angesichts der Gesamtumstände in der zu entscheidenden Sache der Fall. Denn die Tochter des Klägers konnte in der Tat nicht ausschließen, dass das Reh, aufgeschreckt durch das Fahrzeug, plötzlich auf die Fahrbahn springen würde.
Keine grobe Fahrlässigkeit
Der Versicherungsschutz hätte ausschließlich dann verweigert werden dürfen, wenn die Fahrerin grob fahrlässig gehandelt hätte. Von grober Fahrlässigkeit ging das Gericht jedoch nicht aus, zumal die Tochter des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls erst seit zehn Wochen in Besitz einer Fahrerlaubnis war und daher subjektiv von einem anderen Verschuldensmaßstab auszugehen ist.
Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.
Fuchs, du hast das Geld gestohlen
Für den Versicherten ähnlich glimpflich ging der Fall eines Mannes aus, der auf der Autobahn einem Fuchs ausgewichen war und dabei seinen Leihwagen zu Schrott gefahren hatte.
Auch er wurde vom Gericht vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit freigesprochen und musste daher nicht selbst für den Schaden aufkommen (VersicherungsJournal 13.2.2008)
(Quelle VersicherungsJournal 17.12.2008)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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