12.01.2009
Stellenweise Glatteis

Sind auf einer Ortsstraße nur einige Stellen überfroren, so ist die Gemeinde nicht dazu verpflichtet, die glatten Stellen zu beseitigen. Kommt ein Fußgänger auf einer solchen Stelle zu Fall, so hat er keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Das hat das Oberlandesgericht Rostock in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 4. April 2008 entschieden (Az.: 5 U 10/08).
Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht?
Nach einer Mitteilung des Anwalt-Suchservice war der Kläger im Dezember vergangenen Jahres beim Überqueren einer nicht abgestreuten Fahrbahn zu Fall gekommen. Dabei wurde er erheblich verletzt.
Die Straße war lediglich an einzelnen Stellen glatt, an denen sich überfrorenes Wasser gesammelt hatte.
Der Mann war der Ansicht, dass die für die Straße zuständige Gemeinde im Rahmen ihrer Verkehrssicherungs-Pflicht dazu verpflichtet gewesen wäre, die Straße von jeglicher Glätte freizuhalten. Er verklagte sie daher auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Erforderlich und zumutbar
Die Rostocker Richter waren anderer Meinung. Sie wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Nach Auffassung des Gerichts gehört die winterliche Räum- und Streupflicht auf öffentlichen Straßen zwar zu den Verkehrssicherungs-Pflichten einer Gemeinde. Diese Pflicht besteht jedoch nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Erforderlichen und Zumutbaren.
Was als erforderlich und zumutbar angesehen werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Entscheidungskriterien sind die Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs, seine Gefährlichkeit sowie das Verkehrsaufkommen.
Der Schutz der Fußgänger
Zum Schutz von Fußgängern sind innerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich nur wichtige Gehwege zu sichern. Dazu gehören auch belebte, unentbehrliche Fußgängerüberwege. Für ein gefahrloses Überqueren der Straßen an jeder beliebigen Stelle muss eine Gemeinde hingegen nicht sorgen.
Das gilt insbesondere dann, wenn wie in dem zu entscheidenden Fall nachweislich nur einzelne Stellen überfroren und daher glatt waren.
Der Kläger hätte die Gemeinde nur dann wegen Verletzung ihrer Streupflicht zur Verantwortung ziehen können, wenn er bewiesen hätte, dass zum Zeitpunkt des Unfalls eine Straßen- und Wetterlage bestand, bei der Sicherungsmaßnahmen erforderlich und geboten waren, ohne von der Gemeinde durchgeführt worden zu sein. Diese Voraussetzungen sah das Gericht angesichts der vereinzelten Glätte als nicht erfüllt.
Was gilt als Gehweg?
Dass zur Streupflicht einer Gemeinde auch die gedachte Verlängerung von Gehwegen gehört, hat im Sommer dieses Jahres das Landgericht München I entschieden.
Da sich Fußgänger aber grundsätzlich auf witterungsbedingte Rutschgefahren einstellen müssen, musste die Münchener Klägerin 50 Prozent ihres Schadens selber bezahlen (VersicherungsJournal 2.7.2008).

(Quelle VersicherungsJournal 24.11.2008)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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