Wird ein Besucher eines Geschäfts von einem Hund des Ladeninhabers gebissen, so kann sich dieser in der Regel nicht darauf berufen, dass es sich bei dem Hund um ein Nutztier handelt und er daher nur eingeschränkt haftet.
Das hat das Landgericht Bayreuth mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 21. November 2007 entschieden (Az.: 12 S 80/07).
Unterschiedliche Haftungsprinzipien
Bei der Haftung von Tierhaltern unterstellt der Gesetzgeber, dass von Tieren grundsätzlich eine potenzielle Gefahr ausgeht. Wird daher durch ein Haustier ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Tierhalter grundsätzlich zum Schadenersatz verpflichtet.
Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von einer Gefährdungshaftung, die zum Beispiel auch für Halter von Kraftfahrzeugen gilt.
§ 833 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, welcher die Haftung von Tierhaltern regelt, kennt allerdings eine Ausnahme. Denn wird ein Schaden durch ein Haustier verursacht, welches dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dient, so besteht nur dann eine Haftungsverpflichtung, wenn der Geschädigte dem Tierhalter ein Verschulden nachweisen kann.
Dadurch wird aus der Gefährdungshaftung eine klassische Verschuldenshaftung. Denn die Beweislast trifft in solchen Fällen den Geschädigten und nicht, wie bei der Gefährdungshaftung, den Tierhalter.
Überraschender Hundebiss
Nach einem Bericht des Anwalt-Suchservice besaß ein Ladenbesitzer einen als gutmütig bekannten Hund. Tagsüber befand sich der Hund im Laden oder war vor dem Laden angeleint. Nachts und am Wochenende wurde das Tier in den privaten Wohnräumen des Ladeninhabers gehalten.
Eines Tages wurde eine Kundin von dem zu diesem Zeitpunkt vor dem Laden angebundenen Hund gebissen. Sie hatte zuvor versucht, das Tier zu streicheln.
Die Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Ansprüche der Frau wies der Ladeninhaber als unbegründet zurück. Er behauptete das Tier als Wachhund und damit als Nutztier zu halten. Die Kundin müsse ihm daher nachweisen, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei der Beaufsichtigung des Tieres verletzt habe.
Im Übrigen habe die Frau selbst schuld an dem Zwischenfall. Denn sie habe den für sie fremden Hund nicht einfach anfassen dürfen.
Zweckbestimmung entscheidend
Das sahen die Bayreuther Richter anders und gaben der Klage der gebissenen Frau statt.
Bei Tieren wie Hunden, die entweder als Luxus- oder als Nutztier gehalten werden können, kommt es entscheidend auf die überwiegend objektive Zweckbestimmung der Haltung an. Verursacht das Tier einen Schaden, so ist darüber hinaus zu prüfen, ob das Tier in der Lage ist, den von seinem Halter behaupteten Zweck zu erfüllen – so das Gericht.
Mit anderen Worten: Ein von seinem Halter als Wachhund bezeichnetes Tier ist nur dann dem Beruf oder Gewerbe zuzuordnen, wenn es diese Funktion objektiv erfüllt. Ein Hund, der nur die Anwesenheit von Fremden meldet, sich ihnen gegenüber aber ansonsten gutmütig verhält, erfüllt dieses Kriterium nicht.
Mitverschulden
Auch die Tatsache, dass der Hund in dem zu entscheidenden Fall regelmäßig im Wohnhaus gehalten wurde, lässt nach Ansicht des Gerichts auf eine Funktion als Familienhund und nicht als Nutztier schließen.
Der Hundehalter kann daher nicht die Haftungsprivilegien des Paragrafen 833 BGB für sich in Anspruch nehmen.
Den Forderungen der Klägerin wurde gleichwohl nur zwei Dritteln entsprochen. Denn wegen der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens setzt sich jeder, der sich einem fremden Hund nähert, um ihn zu streicheln, einer Gefahr aus. Das Gericht ging daher von einem Mitverschulden der Klägerin aus.
(Quelle VersicherungsJournal 18.09.2008)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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