10.11.2008
Von der Abgrenzung zwischen Gefälligkeit und Verwahrung

Verwahrt ein Versicherungsnehmer aus Gefälligkeit Gegenstände eines Bekannten auf, so kann sich der Privathaftpflicht-Versicherer nicht darauf berufen, sich mit möglichen Schadenersatz-Forderungen nicht beschäftigen zu müssen, weil für Schäden im Rahmen eines Verwahrungsvertrages kein Versicherungsschutz besteht.
Das hat das Oberlandesgericht Brandenburg mit Urteil vom 11. Juni 2008 entschieden (Az.: 4 U 139/07).
Verbrannte Möbel
Die Klägerin hatte in ihrer Gartenlaube auf Bitten eines vorübergehend wohnungslosen Bekannten dessen Möbel aufbewahrt. Bei Inbetriebnahme eines in der Laube befindlichen Ofens fingen wegen einer Unachtsamkeit der Klägerin Gegenstände in unmittelbarer Umgebung des Ofens Feuer. Die Flammen griffen auf die Möbel des Bekannten über und zerstörten sie vollständig. Dabei entstand ein Schaden von rund 8.500 Euro.
Wegen möglicher Schadenersatz-Forderungen ihres Bekannten wandte sich die Klägerin an ihren Privathaftpflicht-Versicherer. Doch dieser verweigerte der Frau die Gefolgschaft. Zur Begründung berief sich der Versicherer auf § 4 Absatz I Ziffer 6a der dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen.
Danach sind unter anderem Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen, die Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Kein Verwahrungsvertrag im Sinne des Gesetzes
Die Versicherte stellte in Abrede, dass es zu einem Verwahrungsvertrag gekommen war. Sie ging vielmehr von einer reinen Gefälligkeit aus und verlangte, dass ihr der Versicherer Deckungsschutz zu gewähren habe. Mit ihrer Klage hatte sie in zweiter Instanz Erfolg.
Verwahrt ein Versicherter die Sachen eines Bekannten aus reiner Gefälligkeit auf, so liegt nach Ansicht des Gerichts kein Verwahrungsvertrag im Sinne von § 688 ff. BGB vor. In so einem Fall ist vielmehr von einer klassischen Gefälligkeitshandlung auszugehen.
Auch die Tatsache, dass die aufbewahrten Möbelstücke einen nicht unerheblichen Wert darstellen, ändert daran nichts.
Dass die Klägerin die Gegenstände unentgeltlich in ihrer Laube untergestellt hat, ist zwar nicht zwingend als Indiz dafür zu werten, dass kein Verwahrungsvertrag vorlag. „Eine erwiesene Gefälligkeit hat aber nur dann einen rechtsgeschäftlichen Charakter, wenn der Leistende den Willen hat, dass seinem Handeln rechtliche Geltung zukommen soll, wenn er also eine Rechtsbindung herbeiführen will und der Empfänger die Leistung in diesem Sinne angenommen hat“ – so das Gericht wörtlich in der Urteilsbegründung.
Verzwickte Rechtslage
Davon war nach Überzeugung des Gerichts in dem zu entscheidenden Fall aber nicht auszugehen. Der Privathaftpflicht-Versicherer der Klägerin wurde daher dazu verurteilt, ihr im Hinblick auf die Schadenersatz-Forderungen ihres Bekannten Deckung zu gewähren. Eine Revision gegen ihre Entscheidung ließen die Richter nicht zu.
Ob der Geschädigte seine Forderungen erfolgreich durchsetzen kann, wird sich gegebenenfalls in einem zweiten Rechtsstreit herausstellen müssen. Denn darüber hatten die Brandenburger Richter nicht zu entscheiden.
Da sich der Schaden nach dem Urteil des Gerichts im Rahmen einer Gefälligkeitshandlung ereignete, besteht nämlich nur dann eine Haftungsverpflichtung, wenn die Versicherte den Schaden grob fahrlässig oder gar vorsätzlich verursacht hat. Der Privathaftpflicht-Versicherer ist allerdings nur bei grober Fahrlässigkeit eintrittspflichtig. Vorsätzlich herbeigeführte Schäden sind hingegen nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes.
Stellt sich heraus, dass der Schaden durch einfache Fahrlässigkeit entstanden ist, besteht wegen der Gefälligkeitshandlung keinerlei Haftungsverpflichtung. Das würde bedeuten, dass sowohl die Schädigerin als auch deren Privathaftpflicht-Versicherer dem Geschädigten gegenüber aus dem Schneider wären.

(Quelle VersicherungsJournal (15.09.2008)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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