03.11.2008
Dumm gefahren

Wer mit seinem Fahrzeug rückwärts aus einer Grundstückseinfahrt fährt, darf sich nicht blind darauf verlassen, dass im Bereich der Einfahrt kein anderes Fahrzeug parkt. Kommt es zu einem Unfall, so haftet der aus der Einfahrt kommende Fahrer allein. Das gilt selbst dann, wenn das parkende Fahrzeug widerrechtlich abgestellt wurde.
Das hat das Landgericht Wuppertal mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 20. Dezember 2007 entschieden (Az.: 9 S 150/06).
Mitverschulden wegen Parkverstoß
Der Kläger hatte seinen Pkw auf der Rechtsabbiegerspur einer öffentlichen Straße verkehrswidrig im Bereich einer Grundstückseinfahrt abgestellt. Der rückwärts aus der Einfahrt kommender Fahrer eines Mercedes Sprinter rechnete nicht damit, dass dort ein Auto geparkt war, und fuhr in die rechte Seite des Pkw. Dabei entstand an dem Pkw ein Schaden von rund 1.700 Euro.
Wegen des vorausgegangenen Parkverstoßes wollte der Versicherer des Sprinters den Schaden nur zur Hälfte ersetzen. Die Sache ging daher vor Gericht.
Auch dort errang der Pkw-Fahrer zunächst nur einen Teilerfolg. Das Amtsgericht Wuppertal bestätigte nämlich die Auffassung des Versicherers, dass den Fahrer des Pkw wegen des widerrechtlichen Abstellens des Fahrzeuges im Bereich der Grundstückseinfahrt ein Mitverschulden an dem Unfall trifft.
Das Gericht hielt das Mitverschulden allerdings für weniger schwerwiegend als der Versicherer. Es billigte dem Pkw-Halter daher eine Quote von 75 Prozent zu.
Grober Verstoß gegen Straßenverkehrsordnung
Doch auch das war dem Mann zu wenig. Er zog daher in die nächste Instanz. Dort errang er einen Sieg auf ganzer Linie.
Nach Ansicht des Gerichts hat der Fahrer des Mercedes Sprinter in grober Weise gegen seine Pflichten, die ihm die §§ 9 Absatz 5 und 10 StVO (Straßenverkehrsordnung) auferlegen, verstoßen.
Denn danach hat sich sowohl derjenige, der rückwärts, als auch jener, der von einem Grundstück auf eine öffentliche Straße fährt, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. Er muss sich erforderlichenfalls einweisen lassen.
Blindes Vertrauen
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der Kläger schon geraume Zeit im Bereich der Einfahrt geparkt. Bei ausreichender Aufmerksamkeit hätte der Fahrer des Lieferwagens den Pkw daher schon erkennen können, als er in sein eigenes Fahrzeug einstieg.
Stattdessen bewegte er sich mehr oder weniger blind in Richtung der Rechtsabbiegerspur, ohne genau zu wissen, was sich hinter seinem Fahrzeug abspielte.
So viel Sorglosigkeit hielten die Richter für so schwerwiegend, dass dahinter der Parkverstoß des Klägers völlig zurücktrat. Sie verurteilten den Versicherer des Lieferwagens daher dazu, dem Kläger auch noch das letzte Viertel seines Schadens nebst Zinsen zu ersetzen.
Eine Revision gegen die Entscheidung ließ das Gericht nicht zu.

(Quelle VersicherungsJournal 12.09.2008)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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