Ein Selbstständiger ist erst dann berufsunfähig, wenn ihm in seinem Betrieb keine Tätigkeitsbereiche offenstehen, in denen er mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung in bedingungsgemäßem Umfang noch arbeiten kann.Mit dieser jetzt bekannt gewordenen Entscheidung vom 18. Februar 2005 hat das Oberlandesgericht Hamm die Klage eines Gastwirtes gegen seinen Berufsunfähigkeitsversicherer abgewiesen (Az.: 20 U 174/04).Knie- und WirbelsäulenerkrankungEin medizinischer Sachverständiger hatte dem Kläger attestiert, wegen einer Knie- und Wirbelsäulenerkrankung weder lange gehen und stehen, noch schwer tragen und heben zu können. Der Versicherte konnte daher seiner bisherigen Tätigkeit als Kellner in seinem eigenen Betrieb sowie als Einkäufer auf dem Großmarkt nicht mehr nachgehen.Den Hinweis des Versicherers, dass der Kläger alternativ als Koch tätig sein könnte, ließ das Gericht nicht gelten. Selbst wenn er dazu von seiner Ausbildung her in der Lage wäre, so erfordere die Arbeit als Koch nicht nur längeres Stehen, sondern gerade in einer Restaurantküche das Hantieren mit schweren Töpfen und Pfannen. Dass aber könne dem Kläger wegen seiner Erkrankungen nicht zugemutet werden.Die Richter konnten gleichwohl nicht feststellen, dass der Gastwirt zu wenigstens 50 Prozent berufsunfähig ist, was eine Leistungsverpflichtung seines Versicherers bedeutet hätte. Als Selbstständiger sei er nämlich im Falle einer gesundheitlichen Beeinträchtigung dazu gehalten, seinen Betrieb nötigenfalls umzuorganisieren.Breites Spektrum an BeschäftigungsmöglichkeitenVerfügt aber ein Betrieb über Tätigkeitsfelder, die dem Betriebsinhaber gesundheitlich noch zumutbar sind, oder würde eine zumutbare Umorganisation des Betriebes entsprechende Betätigungsmöglichkeiten eröffnen, so schließt das nach Überzeugung des Gerichts eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit aus. Bei einer Umorganisation müssten gegebenenfalls auch Entlassungen und Neueinstellungen anderer Beschäftigter in Betracht gezogen werden.Dem Inhaber einer Speisegaststätte, der nicht mehr schwer heben und tragen und auch nicht mehr lange gehen und stehen kann, verbleibt nach Aussage der Richter ein breites Spektrum an Beschäftigungsmöglichkeiten.Neben einer aufsichtsführenden Tätigkeit gegenüber seinem Personal sowie kaufmännischen Verrichtungen kann er als Betreuer der Gäste in Form eines Ansprechpartners fungieren, der zusätzlich die Bestellungen aufnimmt – so das Gericht.Eine solche aufsichtsführende Tätigkeit erlaube dem Kläger den ständigen Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen. Das aber sei mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung durchaus noch kompatibel.Keine Verlegenheits-BeschäftigungenBei diesen Tätigkeiten handelt es sich nach Überzeugung des Gerichts nicht etwa um „Verlegenheits-Beschäftigungen” oder untergeordneten Tätigkeiten, die einem Betriebsinhaber nicht zuzumuten sind. Sie seien für das erfolgreiche Betreiben einer Gaststätte vielmehr von herausgehobener Bedeutung.Das gelte auch für die Einkäufe auf dem Großmarkt. Denn für das Heben und Tragen sei es dem Kläger durchaus zuzumuten, sich eines Gehilfen zu bedienen.Um seinen Ausfall als Kellner zu kompensieren, kann dem Kläger nach Aussage der Richter zugemutet werden, eine Ersatzkraft einzustellen. Das sei im Übrigen in der Zwischenzeit geschehen, ohne dass deswegen Gewinneinbußen zu verzeichnen gewesen seien.Nach all dem stehen dem Gastwirt keine Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung zu.(Quelle VersicherungsJournal 18.10.2006)Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling- Versicherungsmakler- juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de