19.06.2006
Von Blutgrätschen und anderen Fouls

Wird ein Fußballspieler durch eine rohe und rücksichtslose Spielweise seines Gegners erheblich verletzt, kann dieser zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens verpflichtet sein, so der Tenor eines Urteils des Landgerichts München I vom 8. Juni 2006 (Az.: 34 O 13010/05).
Wie die Pressestelle des Gerichts mitteilt, sahen sich einen Tag vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft ein Stürmer des FC Ismaning und der Torwart der Spielvereinigung Unterhaching vor Gericht wieder.
Unterschenkelbruch und rote Karte
Bei einem Spiel der Bayernliga war der klagende Stürmer in Richtung des Unterhachinger Tors gelaufen und dabei mit dem gegnerischen Torwart zusammengeprallt. Dabei wurde der Stürmer erheblich verletzt. Er erlitt unter anderem einen Unterschenkelbruch. Der Torwart wurde für seine Aktion vom Schiedsrichter vorzeitig zum Duschen geschickt.
In seiner Klage behauptete der Stürmer, dass er den Ball längst weg geschlagen habe, als ihm der gegnerische Torwart grob regelwidrig mit einer „Blutgrätsche” von den Beinen geholt habe.
Erheblicher Schaden
In Folge der Verletzung habe er acht Wochen nur auf Gehstützen gehen können und mindestens ein Semester seines Studiums verpasst. Außerdem sei ihm die Möglichkeit genommen worden, während dieser Zeit Spielervergütungen und Prämien zu kassieren.
Seinen finanziellen Schaden bezifferte er mit über 10.000 Euro. Außerdem machte er Schmerzensgeld geltend.
Wie kaum anders zu erwarten, stellte sich die Sache aus Sicht des Torwarts völlig anders dar. Für ihn habe es sich um einen normalen sportlichen Zweikampf gehandelt. Als der gegnerische Stürmer etwa 13 bis 14 Meter vor dem Strafraum auftauchte, habe er eine realistische Chance gesehen, an den Ball zu kommen.
Torwarttypische Abwehrposition
In „torwarttypischer Abwehrposition” habe er versucht, den Kläger am Torschuss zu hindern. Aus einer Rückwärtsbewegung heraus habe er im Fallen unglücklich das Bein des Stürmers getroffen. Da es sich um eine normale Spielhandlung gehandelt habe, seien aus seiner Sicht zivilrechtliche Ansprüche des gegnerischen Stürmers ausgeschlossen.
Nach der Befragung zahlreicher Zeugen sowie der Auswertung von Fotos kam das Gericht zu der Überzeugung, dass dem Torwart trotz seines Platzverweises keine „Blutgrätsche” nachgewiesen werden könne.
Ein absichtliches Foul des Torwarts habe wenigstens nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden können. Der Zusammenprall habe sich vielmehr zwangsläufig aus den Bewegungsabläufen der beiden Spieler ergeben.
Nachdem eine rohe und rücksichtslose Spielweise durch das Gericht nicht bejaht werden könne, könne der Beklagte auch nicht haftbar gemacht werden. Auch die erhebliche Verletzung des Klägers ändere daran nichts. Damit kam dieses Gericht zu einem anderen Ergebnis als das OLG Hamm in einem ähnlich gelagerten Fall (VersicherungsJournal 22.8.2005).

(Quelle VersicherungsJournal 16.06.2006)


Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de