10.04.2006
Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort


Eine Frau hatte ein defektes Auto überholen wollen, ohne Hilfe anzubieten. Beim Überholen stieß sie mit einem entgegenkommenden Wagen zusammen, der zu schnell gefahren war. Dennoch trifft sie 50 Prozent Mitschuld am Unfall, entschied das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) mit Urteil vom 7. November 2005 (Az.: 12 U 1240/04).
Die Frau hatte vollen Schadenersatz verlangt, weil der entgegenkommende Pkw zu schnell gefahren sei und dadurch den Unfall verursacht habe. Nach Auffassung der Richter trifft sie aber eine Mithaftung.
Gegenverkehr nicht beachtet
Begründung: Die Frau habe nicht angemessen reagiert, als das entgegenkommende Auto für sie sichtbar geworden sei. Wer an unübersichtlichen Stellen an einem Hindernis vorbeifahren wolle, müsse jederzeit mit Gegenverkehr rechnen und sich darauf einstellen, sofort anhalten, ausweichen oder die Gegenfahrbahn räumen zu können.
Das habe die Frau nicht beachtet. Sie habe nach dem ersten Sichtkontakt mit dem entgegenkommenden Auto nicht gebremst. Bei einem unverzüglichen Abbremsen hätte sie den Unfall vermeiden können.
Schmerzensgeld nur bei zeitnahem ärztlichen Attest
Auch die Forderung der Frau nach Schmerzensgeld wurde zurückgewiesen. Eine körperliche Beeinträchtigung durch den Verkehrsunfall sei nicht substantiiert dargelegt worden, so das OLG. Die Frau hatte nicht mitgeteilt, wann nach dem zunächst ohne feststellbare Verletzungsanzeichen erlebten Unfall erstmals Beschwerden an der Hals-Wirbelsäule aufgetreten sein sollen.
Bei dieser Lage müssten Mindestangaben gemacht werden, damit der Haftpflichtversicherer sich ein Bild über künftige Zahlungen machen könne. Dies hatte die Frau versäumt. Die Sofortuntersuchung nach dem Unfall hatte gerade keinen pathologischen Befund ergeben. Erst ein mehr als vier Monate nach dem Unfall ausgestelltes ärztliches Attest hatte auf Rückenbeschwerden verwiesen.
Beweis des Schadens für beeinträchtigte Haushaltsführung nötig
Auch die Forderung nach Erstattung eines Haushaltsführungsschadens ging für die Frau ins Leere. Es genüge nicht, dass ein Arzt im Attest feststellt, dass sie „durch den Unfall in ihrer Fähigkeit zur Haushaltsführung beeinträchtigt” gewesen sei, zumal sich die Frau in der fraglichen Zeit immer wieder bei ihren Eltern aufgehalten hatte.
Einem Unfallverletzten steht Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens nicht zu, wenn sein Vortrag vor Gericht völlig unsubstantiiert und eine sachgemäße Rechtsanwendung schlechthin nicht zulässt (Urteil des OLG München vom 1. Juli 2005; Az.: 10 U 2544/05). Zur Darlegung eines solchen Schadens genüge es auch nicht, abstrakt auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit hinzuweisen.
(Quelle VersicherungsJournal 12.01.2006)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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